Donnerstag im EU-Parlament: Die meisten Abgeordneten befürchten einen Rückschritt beim Recht auf den Schwangerschafts-Abbruch. Kummer bereitet ihnen aber nicht die Lage in Europa, sondern diejenige auf der anderen Seite des Atlantiks.

Anfang Mai wurde nämlich durch eine Indiskretion bekannt, dass eine Mehrheit am amerikanischen Supreme Court die derzeit geltende liberale Abtreibungspraxis aufheben will. Konkret geht es um ein Urteil aus dem Jahre 1973.

In der als «Roe gegen Wade» bekannt gewordenen Entscheidung hatte sich das Gericht für ein grundsätzliches Recht auf Abtreibung ausgesprochen. Sollte der Oberste Gerichtshof dieses Grundsatzurteil kippen, wären die einzelnen US-Bundesstaaten für die Gesetze über die Abtreibung zuständig.

Mehr als zwei Dutzend Gliedstaaten könnten dann die Abtreibung erschweren oder ganz verbieten, schätzen Beobachter.

Das passt der Mehrheit der Abgeordneten in Strassburg nicht. Sie sind besorgt. Wenn sie strenge Abtreibungsgesetze in Ländern wie Polen oder Kroatien verurteilen wollen, ist das natürlich ihr gutes Recht.

Wie und was die EU-Parlamentarier aber über Abtreibung denken: Weder sie noch die Union haben die Kompetenz, souveräne Staaten zu belehren, was richtig und was falsch ist oder wie sie sich regieren sollen.