Den Gewerkschaften laufen die Mitglieder davon. Zahlen über die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten werden vom Bundesamt für Statistik zwar publiziert, aber sie hinken der Aktualität immer Jahre hinterher. So stammen die letzten Zahlen aus dem Jahr 2017. Sie zeigen, dass damals 718.378 Mitglieder gezählt wurden, was 14,2 Prozent der 5,04 Millionen Beschäftigten entsprach. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad hatte sich seit 1976 von 30 Prozent bis 2017 mehr als halbiert.

Auch wenn seit 2017 keine neuen Zahlen vorliegen: Die Geschäftsberichte der Dachorganisationen lassen die jüngste Entwicklung erkennen – und sie sind für die Genossen nicht gerade schmeichelhaft. Bis 2021 ist allein die Zahl der Mitglieder bei den beiden grossen Dachverbänden SGB und Travail Suisse um weitere 40.000 beziehungsweise 8 Prozent geschrumpft. Der aktuelle Bestand an Gewerkschaftern dürfte somit derzeit wohl deutlich unter 700.000 liegen, bei schätzungsweise rund 680.000. Damit sind nur noch 13 Prozent der Ende 2021 gezählten rund 5,3 Millionen Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert.

Das ist immerhin noch das Doppelte der USA, wo nur noch 6,5 Prozent einer Gewerkschaft angehören. Gewerkschaften sind zwar noch kein Auslaufmodell – aber der Mitgliederschwund zeigt, dass der Trend des abnehmenden Organisationsgrads auch in der Schweiz zu beobachten ist.

Viele Arbeitnehmer handeln ihre Löhne eben lieber individuell mit ihren Arbeitgebern aus. Nicht selten werden berechtigte Lohnforderungen von Tüchtigen mit dem Argument abgelehnt, dass man die Löhne bereits mit den Gewerkschaften ausgehandelt habe.

Viele wollen auch nicht an oft sinnlosen Gewerkschafts-Streiks teilnehmen und die politische Verbrüderung der Gewerkschaften mit Links-Grün mittragen. Die Gewerkschaften organisieren gerne Streiks in öffentlichen Betrieben, zum Beispiel im Gesundheitswesen, im öffentlichen Verkehr oder in den SBB-Reparaturwerkstätten, um mit einem möglichst grossen Schadenpotenzial zu drohen.

Die Gewerkschaften massen sich trotz des Mitgliederschwundes nicht nur an, die Beschäftigten der Schweiz insgesamt zu vertreten. Sie sind zudem mit zahlreichen gesponserten Parlamentariern im Eidgenössischen Parlament präsent, wobei sich vor allem die Vertreter des öffentlichen Dienstes immer wieder gross aufspielen. Es stellt sich hier die Frage, ob sie nicht in einem Interessenkonflikt stehen, weil sie gleichzeitig sowohl die Exekutive (staatliche Verwaltung) als auch die Legislative (Parlament) vertreten.