Als Ehefrau und Begleiterin ist Silvia Blocher bis heute die wichtigste Kritikerin von alt Bundesrat Christoph Blocher. Sie hat sich immer als «Mitsprecherin auf gleicher Höhe» gesehen. In einem packenden Interview mit der NZZ erzählt die 77-Jährige unter anderem vom Geheimnis der Ehe. Dieses sei die Fähigkeit, sich gemeinsam weiterzuentwickeln: «Es darf nicht so sein, dass der eine die Entwicklung macht  – und der andere nur hinterherläuft. Die Ehe ist eine dauernde, sich wechselnde Beziehung. Sie ändert mit den Umständen, den Befindlichkeiten, der Gesundheit. Die Ehe ist nicht statisch.»

Christoph Blocher sagte einmal: «Für viele haben Männer einen Heiligenschein, wenn sie den Wunsch ihrer Ehefrauen über alles stellen. Diesen Konflikt darf man nicht scheuen. Die umfassende Harmonie ist nicht das höchste Glück der Erde.» Silvia Blocher dazu in dem zweiseitigen Gespräch: «Das erzählt er überall, dann sage ich: ‹Musst du das immer sagen? So denken ja alle, wir hätten von morgens bis abends Streit!› Dann sagt er: ‹Du siehst nicht, was das für eine Wohltat ist für die Leute. Wie sie erleichtert sind, wenn sie denken: Ah, bei denen ist es auch nicht anders.›»

Christoph Blocher war bei der Hochzeit noch Student. Bei Silvias Eltern kam das nicht so gut an, weil er ein «Unfertiger» war. «Meine Mutter sagte: ‹Im Grunde heiratest du einen Bauernknecht. Er hat ja keinen Hof und nichts.› Da sagte ich: ‹Ja, dann gehe ich halt go puure.›» Es ist bekanntlich anders gekommen. Silvia brach das Studium der Mathematik ab und wurde Lehrerin. Für die Familie gab sie auch den Lehrerberuf auf. Als ihr Mann Ende 2003 Bundesrat wurde, fiel Silvia Blocher «in ein Loch». Grund: «Als Frau des Bundesrats sind Sie überflüssig, umgekehrt als Mann auch.» Sie war mehr als erleichtert, als er aus dem Bundesrat abgewählt wurde: «Es war eine Erlösung. Vielleicht war es wirklich die schlimmste Zeit meines Lebens. Alle glaubten, sie müssten etwas Schwarzes finden bei uns.»

Während Blochers Zeit im Bundesrat hatte seine Frau immer Angst gehabt, jemand könnte ihm etwas antun. Sie wollte ihn beschützen. Silvia Blocher: «Er wurde für viele eine Feindfigur. Sie hätten ihn gern pflegeleicht gehabt, was er natürlich nicht war. Da wäre ich auch nicht einverstanden gewesen.» Die Stimmung in Bern auch ihr gegenüber fand sie «feindselig». Alle vier Blocher-Kinder sind Unternehmer geworden. Die Erklärung der Mutter: «Wenn mein Mann abends nach Hause kam, habe ich ihm Znacht gemacht, und alle vier Kinder, schon im Pyjama, sind zu ihm in die Eckbank ghöcklet.

Dann hat er angefangen zu erzählen. Er erzählte mir, aber die Kinder bekamen alles mit. So nahmen sie das auf, irgendwie unbewusst.» Silvia Blocher ist daran, ihr Leben aufzuschreiben. Sie spricht auch über die Erschwernis, mit ihrem Mann zu zweit zu sein: «Wo mein Mann hinkommt, auf eine Alp, in eine Wirtschaft, alle kennen ihn. Es gibt Leute, die kommen herangerannt. Ich bin dann natürlich niemand, ich stehe daneben, aber ich beneide ihn nicht. Mein Mann muss zuhören, was die Leute gerade auf dem Herzen haben. Er ist dann Teil dieser Leute. Sie haben ihn in Teilen annektiert.»