Während Corona hat sich Campino, Frontfigur der Punkband Die Toten Hosen und damit lauter Kritiker jeder Staatsgewalt, plötzlich eifrig hinter diese gestellt. Er wurde zum Botschafter der deutschen Impfkampagne und forderte alle auf, die Spritze zu nehmen.

Aufgrund des Ukraine-Kriegs hinterfragt er nun auch seine einstige Wehrdienst-Verweigerung. Heute würde er das wahrscheinlich nicht mehr tun, sagt er im Stern.

So klingt der Punkmusiker inzwischen: «Gerade lernen wir doch eindrücklich, warum eine Identität als Europäer so wichtig ist und warum wir eine Wertegemeinschaft sein müssen. Das hat dann leider auch etwas mit Aufrüstung zu tun.»

Andreas Frege, wie Campino bürgerlich heisst, galt lange als schwarzes Schaf der Familie. Er entstammt der Dynastie rund um den legendären Bankier Christian Gottlob Frege. Dieser eröffnete 1782 in Leipzig eine Privatbank, war Grossgrundbesitzer und betrieb Bergbau-Unternehmen.

Campinos Bruder Michael Frege ist als Anwalt auf Insolvenz-Verfahren spezialisiert. Für die Abwicklung der Pleite der Lehman-Brothers-Bank soll seine Firma mehrere Hundert Millionen Euro kassiert haben. Ebenfalls auf der Mandatsliste: die Maple Bank (Cum-Ex-Geschäfte) und die Insolvenz-Abwicklung des Versandhändlers Neckermann.

Auch mit diesem höchst kapitalistischen Engagement hat Campino keinerlei Probleme. In der TV-Sendung «Beckmann» verteidigte er seinen Bruder eifrig: Der rette mit seiner segensreichen Arbeit als Insolvenz-Berater viele Arbeitsplätze.

Campino ist ein Luxus-Punk. Reiche Familie, selbst ein Schwerverdiener – da kann man auf der Bühne ruhig den Anarchisten spielen.

Offenbar wurde ihm die Rolle inzwischen zu anstrengend. Jetzt ist er wieder Andreas Frege.