Lockdown! Die Erinnerungen an die Pandemie sind noch präsent – als der Staat das Kommando übernahm und den Bürgern sagte, was sie zu tun hätten.

So ähnlich fühlen sich viele Zürcher in diesen Tagen. Das staatlich verhängte Velodiktat war nie so präsent wie nun während der Rad-WM. Sportlich ist an diesem Anlass nichts auszusetzen. Er bietet Athletik und Ausdauer auf höchstem Niveau – und er rückt die Region Zürich durchaus vorteilhaft ins Fernsehbild.

Doch die Auswirkungen für Gewerbe und öffentliches Leben empfinden viele Menschen als gravierenden Eingriff in Privatsphäre und Bewegungsfreiheit. Um beispielsweise die Forchstrasse zu benutzen, braucht es ein Zertifikat. Wer mit seinem Auto der Einkesselung entkommen will, muss dies lange im Voraus anmelden. Dass damit die politische Message der Inklusion verbunden ist und das Velo zum höchsten Kulturgut der Menschheitsgeschichte erhoben wird, passt in die rot-grüne Moral.

Doch die ideologisch oktroyierte Glückseligkeit endet dort, wo es den Menschen ans Lebendige geht – beim Portemonnaie. Diese Erfahrung machen derzeit zahllose Gewerbetreibende im Stadtzentrum und am rechten Seeufer. Wer beispielsweise im Seefeld oder in Zollikon wohnt, ist ab Mittwoch quasi umzingelt und eingesperrt. Wie bei Corona. Wer für einen Termin das Quartier zu verlassen hat, muss dies vor Sonnenaufgang (bis 7 Uhr) getan haben. Wer auf die Post wartet, wartet wohl vergeblich. Auch die Spitex erreicht ihre Kundschaft während des Tages nicht.

Die Neue Zürcher Zeitung, seit ewig an der Falkenstrasse beim Sechseläutenplatz zu Hause, hat sich in der Nachbarschaft umgehört. Und sie kommt zu einem ernüchternden Fazit. Viele Geschäfte haben während der WM geschlossen – oder können die Kundschaft an einer Hand abzählen.

Viele Gewerbetreibende im Seefeld ärgern sich über die Einschränkungen. Dabei hatte an einer Informationsveranstaltung der Vertreter der Stadt «individuelle Lösungen» in Aussicht gestellt. Funktionieren tut es längst nicht überall. Und so bleibt von der Rad-WM bisher mehr Frust als Lust. Oder mit anderen Worten: Vom Velofahren haben viele Zürcher die Nase voll – gestrichen voll.