Nichts geht in Deutschland so oft unter wie die Sonne – und die Demokratie. Das zumindest behaupten zunehmend schrill vor allem die Regierenden, die ihnen zugewandten Medien, Intellektuellen, Künstler, Kirchen, im Grunde das versammelte, am Staat hängende Establishment, dem die Felle davonschwimmen und das den Deutschen seit Jahren mit wachsender Verzweiflung auszureden versucht, die AfD zu wählen. Die seit Jahrzehnten abwechselnd Regierenden scheinen tatsächlich zu glauben, sie und nur sie verkörperten die Demokratie. Alles andere sei der Untergang.
Das ist natürlich blanker Unsinn, aber erstaunlich, wie weit man in der Politik mit solchem Humbug kommen kann. Dahinter steckt nicht nur Geringschätzung der deutschen Wähler. Daraus spricht auch die pure Verachtung der deutschen Institutionen. Die Bundesrepublik ist kein Kartenhaus, sondern ein von lebens- und kriegserprobten Männern gebauter, stabiler Verfassungsstaat, der schon manche Erschütterung bravourös bestanden hat. Weltkriegstrümmer, Kalter Krieg, Wirtschaftswunder, EU-Finanzierung und Wiedervereinigung: Deutschlands Leistungen sprechen für sich.
Und trotzdem ist Deutschlands Demokratie unter Druck. Allerdings nicht von Seiten einer AfD, die sich für mehr direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild einsetzt, sondern durch eine machtgewohnte, irritierend arrogant gewordene Elite. Das zeigt sich immer deutlicher, zuletzt am vergangenen Wahlwochenende. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit sich die Medien und die etablierten Parteien mit Blick auf Thüringen darauf verständigt haben, die klare Wahlgewinnerin AfD und ihren Vorsitzenden Björn Höcke von einer Regierungsbildung fernzuhalten. «Keine Option», knallt es schneidig allenthalben, so, als ob man das einfach so befehlen könne.
Was allerdings erkennbar wird: Der Respekt der bisher Regierenden gegenüber den Thüringer Wählern tendiert gegen null. Man ist sich einig, ohne die Befunde näher zu begründen, dass es sich bei Höcke um einen «Faschisten», um einen «Rechtsextremen» handle. Als Grundlage dienen mehr als fragwürdige, in den Medien kritiklos nachgeplapperte Einschätzungen des deutschen Verfassungsschutzes, der mittlerweile so politisiert und von der Machtelite vereinnahmt ist, das sogar linksneigende Schweizer Zeitungen, die mit Höcke nun wirklich nichts am Hut haben, erste Zweifel äussern müssen.
Was in Deutschland passiert, ist allerdings und leider in Europa, selbst in den Vereinigten Staaten von Amerika, nicht mehr ungewöhnlich. In den letzten Jahrzehnten hat sich in den oberen Etagen von Staat und Verwaltung, eigentlich überall im Westen, eine mit der Macht verwachsene «Classe politique» gebildet, eine Art Oligarchie, parteienübergreifend, korallenriffartig, medial unterfüttert. Wie der Klerus der frühen Neuzeit, kurz vor der Reformation, wähnt sie sich im Besitz eines übergeordneten Auftrags. Statt auf ein Mandat des Himmels bezieht sich diese Kaste heute auf eine angeblich höhere Moral, die über allem stehen soll, selbst über dem Willen der Wähler.
Der Gipfel der Anmassung, im Grunde eine ausgemachte Frechheit ist, dass diese neuen Oligarchen nun dauernd von Demokratie reden, aber alles tun, um sie zu untergraben. Demokratie bedeutet Volksherrschaft. Souverän sind im Rahmen der Gesetze die Bürger, nicht die Politiker. Letztere sind die mandatierten Angestellten, die Beauftragten des Volks. In der Demokratie gilt der Grundsatz, dass die Mehrheit entscheidet. Das heisst nicht, dass die Mehrheit immer recht hat. Aber der Entscheid der Mehrheit gilt. Die Abwahl als untauglich empfundener Parteien und Politiker ist kein Angriff auf die Institutionen oder die Demokratie. Es ist die Normalität der Demokratie.
Was wir hingegen erleben, ist der Aufstand der Angestellten gegen ihre Chefs. Man könnte es auch einen stillen Staatsstreich nennen, einen Putschversuch von oben gegen die Wähler, gegen die Demokratie. Schauen wir nach Frankreich. Nach seiner Schlappe bei den Europawahlen beschloss Präsident Macron die Auflösung seines Parlaments. Aus den Neuwahlen gingen die Linken als Sieger hervor, weil sich alle von links bis halbrechts gegen die Rechten verbündet hatten. Eigentlich hätten jetzt die Linken die Regierung bilden sollen, doch Macron blockte ab und installierte einen geneigten Apparatschik der Republikaner aus dem Kartell der Verlierer.
Sie reden von Demokratie, aber sie meinen sich selber. Fast bewundernswert ist die Chuzpe, mit der die Totengräber der Demokratie sich bei jeder Gelegenheit als deren Gralshüter aufspielen. Das üble Spiel durchschaut haben freilich wachsende Teile der Wählerschaft, die es leid sind, von oben dauernd als «Rechtsextreme», «Nazis» oder «Populisten» beschimpft zu werden, nur weil sie nicht so wählen, wie es der Obrigkeit gefällt. So ist «Demokratie» zu ei