Natürlich fordert Keir Starmer, Führer der Labour-Opposition, den Rücktritt von Boris Johnson. Ebenso wie die schottischen Nationalisten und die Liberalen. Aber sie wissen alle genau, dass Johnson nicht daran denkt, die Downing Street zu verlassen.

Nur eine Mehrheit der im Parlament dominierenden Konservativen könnte ihn dazu zwingen.

Aber seine Parteikollegen haben in den letzten Wochen gesehen, wie unverzichtbar der Mann für sie nach wie vor ist. So machte er eindrücklich auf Churchill, sein historisches Vorbild.

Johnson inszenierte sich als mutiger Protagonist im Krieg in der Ukraine. Die Bilder seines «Spaziergangs» durch Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj belegten seine Entschlossenheit, eine Führungsrolle im westlichen Kampf gegen die russische Invasion zu übernehmen.

Kommt dazu, dass die Briten derzeit andere Sorgen plagen als die Covid-Regeln, die Johnson und seine Frau seinerzeit verletzt haben. Steigende Lebensmittel- und Benzinpreise oder höhere Sozialkosten belasten fast alle Bürger; die Pandemie scheint für viele sehr weit in der Vergangenheit zu sein.

Da erscheint die Busse ohne Eintrag im Strafregister für den Premier doch ziemlich harmlos. Deshalb wird die Lust der Konservativen gering sein, ihren Chef gerade jetzt zu ersetzen. Mehr noch, sie sehen, was sie an dem Kerl wirklich haben.

Zumal sein bisher grösster Konkurrent, Finanzminister Rishi Sunak, tiefer im Schlamassel steckt als Johnson selber.

Multimillionär Sunak verletzte nicht nur die Covid-Regeln; er muss auch die Geschicklichkeit seiner Frau beim Optimieren der Steuern auslöffeln. So gesehen kann sich Johnson zumindest vorderhand sicher wähnen.

Sofern die weiterlaufenden Party-Untersuchungen nicht gravierendere Verfehlungen zutage fördern.