Die Welt von Flensburg im Norden bis Garmisch-Partenkirchen im Süden hat eine rosa Brille bekommen: Bahnfahren in Deutschland kostet in Bummelzügen nur noch 9 Euro im Monat. Der Preis fürs Tanken ist dank geringerer Steuern auf Sprit ein bisschen gesunken, und demnächst gibt es 300 Euro für alle, die arbeiten.

Das Ganze nennt sich «Entlastungspaket» und soll die Deutschen, die mit einem Mal Preise wie in der Schweiz bezahlen, milde stimmen.
Die Wirklichkeit jedoch ist nicht rosa: Teurer Treibstoff, teure Lebensmittel, teure Handwerker – in alldem wird das hässliche Gesicht der Inflation deutlich.
Wer die Brille absetzt, erkennt: Sie ist das Kernproblem.

7,9 Prozent betrug die Inflationsrate im Mai in Deutschland. Mit dem Entlastungspaket doktert die Regierung an ihren Symptomen herum, anstatt direkt auf sie loszugehen.
Wirklich helfen würde jetzt eine Steuerreform, die dafür sorgt, dass die unausweichlichen Lohnsteigerungen, die eine Inflation mit sich bringt, nicht von der Steuer aufgezehrt werden.

Helfen würde jetzt der niedrigere Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf Strom. Der Energieträger hat den grössten Anteil erneuerbarer Energien in sich, Bahnfahren und E-Autos könnten so automatisch billiger werden, und die Auswirkung der galoppierenden Energiepreise auf die Inflation würde gemindert.

Helfen würde auch, mit der falschen Zurückhaltung gegenüber der EZB aufzuhören: Die Europäische Zentralbank hat durch ihre politisch motivierte Geldpolitik ihre Unabhängigkeit längst aufgegeben. Sie ist Partei geworden. Jetzt muss sie auch politischen Druck aushalten.

Sie muss die Programme zum Ankauf von Staatsanleihen und damit die ungehemmte Geldvermehrung stoppen. Sie muss den Zins wieder einführen und sich endlich wieder auf ihre Kernaufgabe besinnen: nämlich die Wahrung der Geldwertstabilität.