Ein halbes Jahr ist vergangen, seit Putin russische Truppen in der Ukraine einbrechen liess. Unter dem Vorwand, den Nachbarn zu «entnazifizieren». Unbeschreibliches Leid hat Russlands Präsident mit seinem Angriffskrieg über die Ukraine, Europa und sein eigenes Land gebracht.

Doch offenbar sind sechs Monate Blutvergiessen nicht genug. Russland sieht keine Möglichkeit für eine diplomatische Lösung zur Beendigung des Krieges. Im Gegenteil: Man rechne mit einem langwierigen Konflikt, sagt jetzt Gennadi Gatilow, Russlands ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen in Genf, im Gespräch mit der Financial Times. Moskaus neuste Absage an eine Verhandlungslösung kommt nach wochenlangen Versuchen, durch Pendel-Diplomatie den Konflikt zu beenden. Nachdem eine Vereinbarung über Getreide-Exporte aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen erzielt worden ist. Nachdem Unterhändler hofften, dass diese Annäherung die Grundlage für einen Frieden bilden könnte.

Doch offenbar ist man aus Sicht Moskaus davon weit entfernt. Direkte Gespräche zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj werde es nicht geben, sagt der frühere stellvertretende Aussenminister. Gatilow erstickt selbst die kleinste Hoffnung auf Frieden: «Ich sehe keine Möglichkeit für diplomatische Kontakte.»

Gatilow beklagt: Die Uno sei durch den Krieg in eine «Politisierung» verwickelt worden. Infolgedessen sei sie nicht in der Lage, effektiv als Vermittlerin zu agieren. Als ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen weiss Gatilow natürlich, dass die Uno seit Jahr und Tag «politisiert» ist. Als permanentes Mitglied des Uno-Sicherheitsrates ist Russland aktiv an der «Politisierung» beteiligt. Die «grossen Fünf» im Sicherheitsrat nutzen ihr Stimmrecht so, wie es für ihr eigenes Land von Vorteil ist.

Trotz seiner Tirade gegen die Vereinten Nationen wünscht der russische Emissär in Genf mehr Uno. Es sei «bedauerlich», dass die Vereinten Nationen keine grössere Rolle spielen, sagt er.

Die widersprüchliche Rhetorik und Russlands eisernes Njet zu einer diplomatischen Lösung scheinen nur eines zu bezwecken: Nach der gescheiterten Grossoffensive hat Putin kein Interesse, den Krieg zu beenden, bevor er den Raubzug im Osten der Ukraine abgeschlossen hat.

Den Preis dafür zahlen nicht allein die angegriffenen Ukrainer, sondern auch die russischen Soldaten, die Putin auf die Schlachtfelder in dem benachbarten souveränen Staat wirft.