Die Frage, ob Europa oder Russland mehr unter den Sanktionen gegen Russland zu leiden habe, findet Russland-Experte Anders Åslund «seltsam». Die europäische Wirtschaftsleistung sei etwa 15-mal grösser als diejenige der russischen Wirtschaft. Die Prognosen würden deutlich zeigen, dass Russland unter den Sanktionen weit mehr leiden wird als Europa.

«Für die europäische Wirtschaft wird in diesem Jahr noch ein Wachstum erwartet, während die russische Wirtschaft in diesem Jahr um 6 bis 15 Prozent zurückgehen wird», sagt Åslund, der zu Beginn der 1990er Jahre Wirtschaftsberater der russischen Regierung war. In seinem Buch «Russia’s Crony Capitalism: The Path from Market Economy to Kleptocracy» («Russlands Vetternwirtschaftskapitalismus: Der Weg von der Marktwirtschaft zur Kleptokratie») zeichnet er nach, wie Wladimir Putin und seine Verbündeten die Kontrolle über Russlands Wirtschaft übernommen haben.

Für Åslund steht der Sanktions-Verlierer fest: Russland. Durch die westlichen Sanktionen werde das Land von wichtigen Vorleistungen abgeschnitten, zum Beispiel von Mikrochips. «Russland kann ohne westliche Elektronik – von Autos über Panzer bis hin zu Raketen – nur wenig produzieren.» Die strengen westlichen Exportkontrollen würden Russland von den meisten Vorteilen der Globalisierung ausschliessen: «Russland kann viele westliche Waren nicht aus anderen Ländern beziehen.»