Wann wir schreiten Seit’ an Seit’ … Ich für meinen Teil gar nicht. Grundsätzlich nicht.

Als ich heute Morgen am Bankautomaten Geld ziehen wollte, begrüsste mich der ansonsten eher stumme Diener mit der Botschaft: «Unsere Gedanken und unsere Solidarität sind bei den Menschen in der Ukraine.» Das finde ich sehr löblich von der Sparkasse, die den Bargeldspender aufgestellt hat. Dann folgt ein Spendenaufruf, damit ich weiss, was ich tun muss, «wenn Sie helfen möchten».

Das ist ein netter Service für Menschen, die sich fragen, wo ihre Gedanken gerade hin sind, und auch ihre «Solidarität» schon länger erfolglos gesucht haben.

Ich für meinen Teil bestimme gern selbst, wo meine Gedanken sind, und auch meine Solidarität verteile ich nicht gemeinsam mit einem übergriffigen Kollektiv, das mich einfach kumpelhaft unterhakt und ungefragt in einen vermeintlichen nationalen Gleichklang eingemeindet.

Nun unterstütze ich seit Jahren schon und lange vor dem Krieg die Ukraine-Hilfe, brauche dazu weder freundliche Anstupser noch plumpe Parolen.

In der DDR brüllten uns vereinnahmende Banner entgegen, dass wir angeblich fest an der Seite der sozialistischen Brudervölker stünden, dass wir den nächsten Fünfjahrplan übererfüllen oder dass wir die Kandidaten der Nationalen Front wählen. Nö.

Lange her und offenbar doch nicht vorbei.

Liebe Sparkasse, ganz gleich, wie löblich und sinnvoll eine Aktion auch sein mag, Sie können mir gern einen Hinweis geben oder darum bitten, zu helfen. Das appellative «wir» lassen Sie bitte stecken. Zumindest, wenn Sie von mir etwas wollen.

Ich will nämlich nicht wollen, was man will, dass ich wollen soll. Ganz grundsätzlich.

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.