Italien gilt schon seit einigen Jahren als too big to save.

Die drittgrösste Volkswirtschaft der EU darf nicht scheitern, weil die übrigen 26 EU-Länder Italien kaum retten könnten, denn einige von ihnen sind selbst an ihrem finanziellen Limit angekommen.

Italiens Anteil an den EU-Staatsschulden beträgt 21,1 Prozent, rund das Achtfache von Griechenland (2,75 Prozent). Aber zur Wirtschaftsleistung der EU steuert Italien nur 12 Prozent bei. Mit 153 Prozent Staatsschulden im Vergleich zum Bruttosozialprodukt (Quelle: Eurostat, 1. Quartal 2022) überschreitet Italien die vereinbarte Maastrichter Schuldenobergrenze von 60 Prozent markant.

Die Siegerkoalition (Melonis Fratelli d’Italia, Salvinis Lega, Berlusconis Forza Italia), in der die Euro-Skeptiker die Oberhand haben, will diese Verschuldung nun sogar noch auf die Spitze treiben.

Die Absicht ist klar: Mit einem neuen Schuldenschub wollen sie so viel Geld wie möglich für Italien aus dem Euro-System herausquetschen, denn die übrigen Euro-Länder können es sich nicht leisten, Italien aus dem Euro oder der EU zu werfen.

Giorgia Meloni hat im Wahlkampf versprochen, Steuern auf breiter Front zu senken, eine Steueramnestie anzuordnen und die Renten signifikant zu erhöhen, ein Paket, dass gut und gerne 80 Milliarden kosten wird. Das wären zusätzliche Defizite von 4,5 Prozent des BIP.

Andere Schätzungen taxieren die Wahlversprechen sogar auf 200 Milliarden.

Noch vor seinem Rücktritt hat Draghi für rund 30 Milliarden neue Schulden (2 Prozent des BIP) für Finanzhilfen an die Wirtschaft aufgenommen. Er ist somit nicht der Stabilitätsanker, wie ihn Medien hochjubeln. Auch er setzte sich über EU-Vorgaben rücksichtslos hinweg.

Dazu kommt eine angekündigte Überprüfung des 209 Milliarden schweren, von der EU finanzierten Wiederaufbauplans, der mit Reformauflagen für den grünen Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft verknüpft wurde. Meloni möchte das Geld behalten, die Auflagen aber nicht erfüllen. Aber in diesem Betrag sind 81,4 Milliarden nicht rückzahlbare Zuschüsse enthalten, die Italien mit einem störrischen Verhalten wohl nicht verspielen will.

Italien würde bei einem Euro- und dem damit zwingend verbundenen EU-Austritt einen Schuldenberg hinterlassen, den die anderen Länder kaum verkraften könnten.

Italien selbst würde wohl mit einer eigenen neuen Währung massiv abwerten und deshalb die auf Euro lautenden Staatsschulden nicht mehr bedienen, geschweige denn zurückzahlen können. Würden diese ausstehenden Schulden in Form eines Befreiungsschlages in die «Neu-Lira» umgewandelt, käme es zu einer europaweiten Finanzkrise.

Ohne Italien würde die Verschuldungsquote der Euro-Zone um rund 10 Prozent-Punkte von 95 auf 85 Prozent fallen. Aber daraus kann keine Bonitäts-Verbesserung abgeleitet werden, denn Resteuropa wäre mit abgewerteten Schulden konfrontiert, insbesondere die EZB, die Italien über das Zahlungssystem Target 2 über 640 Milliarden Euro (Juli 2022) zur Verfügung gestellt hat. Aber auch viele Geschäftsbanken aus Nordeuropa, insbesondere aus Deutschland, Österreich und Frankreich, sind mit mehrstelligen Milliardenkrediten in Italien engagiert.

Italien wird im Euro verbleiben müssen, koste es die anderen, was es wolle.

Die italienischen Staatsschulden werden aber auch wegen der höchsten Zinsen seit neun Jahren (zehnjährige Staatsanleihen: 4,3 Prozent) wie ein Krebsgeschwür weiter wuchern und die Hoffnungen auf eine Kurserholung des Euro zum Franken ersticken.