Karl Lauterbach, deutscher Gesundheitsminister der SPD, standhafter Maskenverfechter, einst vorpreschender Lockdown-Anhänger und Befürworter einer Impfpflicht, hat eine Niederlage hinnehmen müssen, die schwerer wiegt als vieles in seiner bisherigen Laufbahn: Ausgerechnet Biontech, jenes deutsche Vorzeige-Unternehmen, das den modernsten Corona-Impfstoff erfunden und auf den Markt gebracht hat, verlagert seine vielversprechende Krebsforschung nach London.

Drei Gründe haben für die Entscheidung gegen Deutschland den Ausschlag gegeben. Erstens: Das zentral organsierte britische Gesundheitssystem erleichtert es, passende Patienten für Studien zu finden. In Deutschland geht so was nur bürokratisch und langsam.

Zweitens: Die Briten fördern Genomdatenbanken für Krebspatienten. In Deutschland scheitert so was am Datenschutz.

Drittens: Die Zulassung der individualisierten Krebstherapien könnte eine grosse Herausforderung werden, da jedem Patienten ein «eigenes» Medikament gegeben wird. Die Briten sind da unkompliziert. In der EU muss dagegen eine gemeinsame Behörde aller 27 Mitgliedsstaaten entscheiden. Das kann dauern.

«Wir haben gesehen, dass die Entwicklung von Arzneimitteln beschleunigt werden kann, wenn alle nahtlos zusammen auf das gleiche Ziel hinarbeiten», sagt Ugur Sahin, Chef von Biontech, mit Blick auf Grossbritannien.

Er hätte auch sagen können, dass das in Deutschland nicht funktioniert, weil Bürokratie, Datenschutz und EU-Rücksichten das Land ausbremsen.

Damit hätte er Lauterbach eine verbale Ohrfeige verpasst. Dazu war Sahin aber zu höflich.