Die schrumpfende Grossbank Credit Suisse (CS) hält auf ihrer Homepage fest: «Die ordentliche Generalversammlung der Credit Suisse Group AG wird dieses Jahr am 29. April 2022 ohne die persönliche Teilnahme der Aktionärinnen und Aktionäre stattfinden.»

Dieser Satz ist elektrisierend, denn man kann ihn statt auf die Generalversammlung auch auf die laufende wirtschaftliche Entwicklung der Bank beziehen: Es besteht der Eindruck, als ob die Aktionäre als risikotragende Eigentümer und letztliche Chefs der Bankführung seit langem gar nicht richtig dabei wären und zum Rechten schauten.

Jedenfalls ist erklärungsbedürftig, warum die CS derart viele Fehlleistungen bietet, wo doch die Überwachungsmechanismen nach aller Kunst der modernsten corporate governance installiert und durch höchstbezahlte, hochdekorierte Aufsichtspersonen besetzt sind, die den ganzen angelsächsischen Fach-Wortschatz intus haben, der zu dieser Checklisten-Mentalität passt. Oder sind diese Rituale eventuell nichts wert?

Klar, die Frage geht darüber hinaus. Ein bekannter Mangel besteht ja darin, dass die Manager nicht wirklich haften für das, was sie tun. Sie sind nicht mit ihrem Vermögen mit dem Schicksal der Bank verbunden, wie dies etwa bei den viel erfolgreicheren Private-Equity-Firmen der Fall ist.

Und viele Verwaltungsräte, die eigentlich Aufseher wären, sind abhängig von Unternehmen, welche die Aufsichtsposten so fürstlich bezahlen. Also nicht das Spiel verderben. Kein Problem, man lese nur mal die geschmeidigen Vergütungsberichte aus der Feder des eigentlich hochkarätigen CS-Vergütungsausschusses, der dem Management den Bauch pinselt.

Aber doch noch eine Frage: Warum entwickelt sich die UBS besser, jedenfalls über längere Zeitperioden hinweg? Auf der Suche nach dem Unterschied muss man wohl weit zurückgehen.

Ende der 1980er Jahre zog die damalige Schweizerische Kreditanstalt auf pioniermässige Weise unter der Initiative des Spitzenmanagers Rainer E. Gut die amerikanische Investmentbank First Boston an sich. Angelsächsische Sitten trafen auf reiche Schweizer Bankkultur – moderne Zeiten, viel Geld im Spiel, krasse Gewinne.

Und von 1990 an war es so weit, dass die eingegliederte Credit Suisse First Boston neben dem traditionellen Geschäft den gewagten, spekulativen, volatilen, eigenmächtigen, egozentrischen, überheblichen, schwierig kontrollierbaren Teil der CS-Gruppe bildete und die Mentalität des Konzerns prägte.

Guts Erbe wirkte lange weiter, über viele Führungsstationen und massive Wertverluste hinweg. Die CS war oft und lange Zeit unproduktiv, unberechenbar, eine Art Pendant zum Industrie-Konzern ABB in seinen wilden Perioden.

Es passt ins Bild, dass jetzt die Aktionäre nicht persönlich an der GV dabei sind.