Benjamin Netanjahu ist zurück – dieses Mal mit den radikalsten der radikalen Politiker, die in Israel bei den jüngsten Wahlen mit beachtlichem Erfolg um Stimmen geworben haben. Angeführt werden sie von Itamar Ben Gvir, dessen Wahlliste in kurzer Zeit zur drittstärksten Kraft aufgerückt ist.

Zurückzuführen ist seine Popularität vor allem auf die prägnant-aggressiven Worte, mit denen er auf die starke Zunahme des palästinensischen Terrors reagiert hat: Ben Gvir, der wegen seiner radikalen Ansichten nicht in die Armee aufgenommen worden war, versprach Abhilfe, unter anderem die Todesstrafe für Terroristen. Jetzt beansprucht er das Ministerium für Innere Sicherheit.

Der 46-Jährige hat allerhand Pläne: Das israelische Justizsystem möchte er umgestalten, um Netanjahu, der in drei Korruptionsfällen angeklagt ist, aus den Klauen der Justiz zu befreien. Die Besetzung der palästinensischen Gebiete will er weiter festigen, um die Option einer Zweistaatenlösung mit den Palästinensern auf alle Zeiten zu torpedieren.

Er versprach seinen Anhängern im Wahlkampf zudem, ein Auswanderungsbüro für israelische Araber einzurichten, die 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen und vollwertige Bürger sind, um sie zur Emigration anzuspornen. Arabische Politiker, die sich gegenüber dem Staat nicht loyal verhalten, will er kurzerhand deportieren.

Religion und Sicherheit haben für Netanjahus künftigen Koalitionspartner absolute Priorität. Aussen- oder Wirtschaftspolitik sind für ihn – im besten Fall – zweitrangig. Dass eine dermassen radikale Regierung schwer zu regieren wäre und die internationalen Beziehungen Israels arg strapazieren würde, kümmert den studierten Juristen nicht. Auch die Hightech-Industrie, die 50 Prozent der Exporte und damit den Wohlstand des Landes generiert, hat in seinem Weltbild keine Priorität. Dass das über kurz oder lang nicht nachhaltig sein kann, weiss keiner besser als Netanjahu, der die Grundlagen für den florierenden Innovations-Hub rund um Tel Aviv gelegt hat.

Ob sich Ben Gvir mit seinen Forderungen durchsetzen kann, wird sich zwar erst in den nächsten Wochen zeigen. Sicher ist aber: Der Heisssporn ist derzeit der einzige Königsmacher. Netanjahu ist auf ihn und seine Parlamentarier angewiesen, um eine mehrheitsfähige Koalition zu zimmern und ins Büro des Regierungschefs zurückzukehren.