Es war ein Moment, vor dem sich Bidens Entourage fürchtete: Der Präsident setzte sich hin zum TV-Interview.

Der CBS-Reporter legte seine Frage aus wie einen Köder: «Anders als in der Ukraine würden die US-Streitkräfte – amerikanische Männer und Frauen – Taiwan also im Falle einer chinesischen Invasion verteidigen?»

Präsident Biden schnappte zu: «Ja, wenn es tatsächlich zu einem noch nie dagewesenen Angriff käme», antwortete der Oberbefehlshaber unverblümt. Und warf damit das langjährige Konzept der «strategischen Zweideutigkeit» über Bord. Demnach legen sich die USA in Bezug auf einen möglichen Krieg um Taiwan nicht offiziell fest.

Die Mitarbeiter des Weissen Hauses beeilten sich, Bidens Lapsus einzunebeln: Selbstverständlich bedeute Bidens Erklärung keine Änderung der Politik.

Wären die USA überhaupt in der Lage, Taiwan bei einem Totalangriff zu verteidigen?

Amerikas Ziel in einem Kampf um Taiwan müsste es sein, China einen schnellen Sieg zu verwehren. Ein amphibischer Angriff auf Taiwan müsste verhindert werden.

«Um einen solchen Angriff abzuwehren, wäre eine U-Boot-Flotte in maximaler Stärke erforderlich», erklärt Seth Cropsey, ehemaliger stellvertretender Untersekretär der US Navy. Doch «Amerikas unverzichtbares Instrument zur Kriegsführung im Indopazifik ist nur etwa drei Fünftel so gross, wie es sein sollte, vor allem aufgrund von Wartungs- und Produktionsverzögerungen.»

Ausserdem verfüge das US-Militär heute nicht über die Luftstreitkräfte, die Luftabwehr und die Kampfflugzeuge mit ausreichender Reichweite, um die chinesische Luftkontrolle über Taiwan auf unbestimmte Zeit anzufechten, so Seth weiter.

Indem Biden China signalisiert, was der Westen im Falle eines Angriffs auf Taiwan tun würde, schränkt er nicht bloss Amerikas Handlungsspielraum ein. Er verpflichtet sein Land zu etwas, dem das US-Militär aktuell offenbar nicht gewachsen ist.