«Nehmen Sie einmal an, einer Ihrer Nachbarn wollte die Schweiz vernichten: Dann würde Bern wohl auch keine gemeinsame Basis für Verhandlungen mit dem Feind sehen.» So begründet der ehemalige stellvertretende Aussenminister der Ukraine, Danylo Lubkivsky, seine Ablehnung von Verhandlungen mit Moskau. In einem Zoom-Gespräch mit der Weltwoche plädiert er für anhaltenden Druck auf Russland.

Putin müsse begreifen, dass sein Ziel, die Ukraine zu vernichten, keine Aussicht auf Erfolg habe. Solange Putin das nicht klar sei, würden Verhandlungen «keinen Sinn» machen. Deshalb verlange Präsident Selenskyj mehr Sanktionen und mehr Waffen – «Putin soll für seine Aggression einen hohen Preis bezahlen».

Den Einwurf, Kiew sollte sich zur Neutralität bekennen und sich vom Wunsch verabschieden, der Nato beitreten zu wollen, um Putin entgegenzukommen, lässt Lubkivsky nicht gelten. Im Gegensatz zur Schweiz oder zu Österreich würde die Nichtteilnahme an einem Militärbündnis die Sicherheit der Ukraine kaum verbessern. In der Verfassung sei zwar verankert, dass Kiew eine Mitgliedschaft in der Nato anstreben soll.

Aber de facto sei die Ukraine neutral, gehöre also keinem Bündnis an. Das habe Putin aber nicht daran gehindert, die Krim zu erobern und den Donbass anzugreifen. «Wir können Putin nicht trauen», sagt Lubkivsky. Nur wenn sein Land taugliche Sicherheitsgarantien von westlichen Staaten erhalte, könnte Kiew darüber nachdenken, keine Mitgliedschaft in der Nato anzustreben. Das würde aber eine Änderung der Verfassung und ein Referendum voraussetzen. Und beides sei in Kriegszeiten nicht möglich.