Ein ewiges europäisches Missverständnis: Wenn die Russen nur so dürften, wie sie wollten, wären sie genauso wie wir.

So liberal, so demokratisch, so … westlich.

Oder die Chinesen, die Iraner, die Nordafrikaner, die Menschen südlich der Sahara und so fort.

So wie wir zu sein, ist ein Menschheitstraum seit den Tagen der europäischen Aufklärung – das denken viele. Wer es nicht will, hat den Fahrplan nicht verstanden. Unser Fortschritt ist alternativlos.

Wenn man in Deutschland oder Westeuropa hofft, dass die Russen auf die Barrikaden gehen, Demokratie fordern und skandieren: Wir sind das Volk! – Dann ist es dieselbe Hoffnung, dass die Russen im Herzen so sind wie wir. Vernünftig und aufgeklärt. Diszipliniert und bescheiden.

Frei nach Hegel: bereit für den gerechten Staat als Realisierung der sittlichen Idee.

Die Blütezeit des Deutschen Idealismus war vor 200 Jahren; offensichtlich verführt er immer noch zur verstiegenen Illusion.

Doch wir leben im 21. Jahrhundert. Europa mit seinen Philosophien tritt ab. Und Russland ist Asien – wenn die Russen das zuvor nicht begriffen haben, werden die Folgen ihres Krieges sie eines Besseren belehren.

Im 21. Jahrhundert kollidieren die westliche Weltsicht und die westliche Ordnung mit gänzlich andersgearteten Wertvorstellungen: in Asien, in der islamischen Welt, in Afrika.

Der Westen ist gut beraten, naive Illusionen über Bord zu werfen.

Die one world nach seinem Bilde war ein Hirngespinst.