Diesseits der aufgeheizten Propaganda in den einschlägigen Talk-Shows verfolgen die russischen Medien das europäische Geschehen mit dem landestypischen Pragmatismus. So auch die Vorgänge um die sabotierten Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2.

Etwa die neue Version des norwegischen Verteidigungsexperten Hans Liwang zum Tathergang: Aufgrund des hohen Gewichts der einzelnen Bomben sei der Anschlag von einem oder mehreren Überwasserschiffen ausgegangen.

Russische Medien zitieren Liwang mit den Worten: «Das war kein kleiner, hochpräziser Sprengkörper, das war eine grössere Bombe, die nahe den Röhren auf dem Meeresgrund abgelegt wurde.»

Ungefähr zeitgleich hat der schwedische Staatsanwalt Mats Ljungqvist den Anschlag als «grobe Sabotage» bezeichnet. Ohne sich auf eine Version festzulegen, sagte er, die verwendeten Sprengstoffe und die Methode seien inzwischen bekannt.

Interessanterweise fand die Überwasser-Version, anders als in Russland, Schweden oder Polen, in deutschen Medien nur marginale Erwähnung. Dabei geht auch Greenpeace inzwischen von Sprengladungen zwischen 200 und 400 Kilogramm aus. Nach Auswertung von Unterwasseraufnahmen erscheint dem deutschen Greenpeace-Sachverständigen jedenfalls die Version einer Sprengung von innen als unwahrscheinlich.

Zurückhaltend ist man in Russland bei der Benennung möglicher Schuldiger. Natürlich wird niemand eine russische Tatbeteiligung annehmen. Der Linken-Politiker Klaus Ernst, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie, bestätigte diese Überzeugung jetzt in einem Interview mit der Tageszeitung Iswestija: «Ich halte die Theorie für absurd, wonach Russland das Projekt in die Luft gesprengt haben soll.»

Mit Nachdruck beklagt er die Geheimhaltungspolitik der deutschen Bundesregierung mit Blick auf die Pipeline-Explosionen. Auch Greenpeace kritisiert diese Zurückhaltung. Addiert man dazu die geradezu introvertierte Haltung der deutschen Medien, kann sich nur der Verdacht aufdrängen, in Berlin sitze jemand auf unangenehmen Wahrheiten.