Seit dem 16. März dieses Jahres benötigen Mitarbeiter des Pflege- und Gesundheitswesens einen Impfnachweis, um ihrer Arbeit nachgehen zu dürfen. Ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte – aber Verfassungs-konform, wie das deutsche Bundesverfassungsgericht Mitte Mai statuierte. Die Impfung habe durch den Schutz der Alten einen «überragenden Stellenwert».

Brisant: Rund einen Monat später, Anfang Juni, wurde vor deutschen Bundesverwaltungsgericht die Impfpflicht bei der Bundeswehr, die sogenannte Duldungspflicht, verhandelt. Bei der Anhörung wurde der Abteilungsleiter des Paul-Ehrlich-Instituts befragt. Dieser hatte keine Ahnung von der Statistik hinter der von seinem eigenen Institut verwendeten Sicherheitsmethode, auf dessen Resultate sich die einrichtungsbezogene Impf-Pflicht hinsichtlich der Gefahr der Impf-Stoffe stützt.

Die Welt schrieb damals: «Die Klägeranwälte haken mehrfach nach, wie viele Tote gemeldet werden müssten, bis das PEI ein ‘Risikosignal’ erkenne. «Mentzer» – der Chef des Paul Ehrlich Instituts – «gerät ein wenig ins Straucheln. Er gibt an, dass er kein Statistiker und somit womöglich der falsche Sachverständige für diese Frage sei.»

Das Bundesverwaltungsgericht berief nun für diesen Mittwoch zu genau dieser Frage ein weiterer Verhandlungstag ein. Geladen ist ein statistischer Fachexperte des Paul-Ehrlich-Instituts, die Sachlage zur Corona-Impfung soll noch genauer beleuchten werden.

In der Weltwoche richten sich zwölf renommierte Professoren verschiedener Fachrichtungen an das Paul-Ehrlich-Institut. In einem offenen Brief bemängeln sie die Methode des Paul-Ehrlich-Instituts, die die Nebenwirkungen der Corona-Impfung weitgehend unter den Teppich kehrt.

Ihre Kernbotschaft: die Impfung ist gefährlicher, als angenommen. Gemäss ihrer Analyse der Methodik darf eine Impfpflicht auf keinen Fall als Verfassungs-konform befunden werden.

 

Offener Brief ans Paul-Ehrlich-Institut

Vor einigen Wochen hat das deutsche Bundesverfassungsgericht die Corona-Impfpflicht für Beschäftigte im Pflege- und Gesundheits-Bereich als verfassungskonform bewertet.

Eine der Säulen des Beschlusses ist die Risikobewertung der Covid-Impfstoffe durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Basierend auf den Sicherheitsberichten des PEI geht das Gericht davon aus, dass «die gemeldeten schwerwiegenden Nebenwirkungen sehr selten» seien und «eine Impfung [nur] im ganz extremen Ausnahmefall auch tödlich sein» könne.

Wäre dem nicht so, würde die einrichtungsbezogene Impfpflicht einen tiefen Eingriff in die Grundrechte darstellen: Der Staat würde dann diejenigen Personen, die den Beruf nicht aufgeben möchten, dazu zwingen, impfbedingte körperliche Schäden und im Extremfall sogar den eigenen Tod in Kauf zu nehmen, zugunsten einer erhofften Verringerung des Infektionsrisikos anderer.

Eine genauere Betrachtung der Sicherheitsberichte zeigt allerdings, dass das PEI eine Sicherheitsanalyse fehlerhaft anwendet, mit der Konsequenz, dass sich selbst im Falle einer extrem hohen Anzahl an impfbedingten Todesfällen kein Warnsignal ergeben würde.

Die in den Sicherheitsberichten getroffene Aussage, es gebe kein Warnsignal hinsichtlich auftretender Todesfälle, ist also ein auf schweren methodischen Fehlern beruhender Trugschluss. Warum?

Erwartete und aufgetretene Todesfälle

Das PEI verwendet eine sogenannte Observed-versus-Expected-Analyse. Die Logik einer solchen Analyse basiert darauf, dass im Falle von impfbedingten Todesfällen mehr Menschen versterben würden, als es ohne die Impfungen der Fall gewesen wäre.

 

 

Um zu prüfen, ob das für einen Impfstoff der Fall ist, wird zunächst für die geimpfte Personengruppe bestimmt, wie viele Personen normalerweise innerhalb eines bestimmten Zeitraums – zum Beispiel dreissig Tage – an allen üblichen Todesursachen versterben (Expected). Diese normalerweise erwartete Anzahl wird dann mit der Anzahl an Todesfällen verglichen, die in der geimpften Personengruppe in diesem Zeitraum tatsächlich aufgetreten sind (Observed).

Ist die Anzahl der aufgetretenen Todesfälle statistisch signifikant höher als die Anzahl der erwarteten Todesfälle, ergibt sich ein Warnsignal: In der geimpften Personengruppe sind dann mehr Menschen verstorben, als es normalerweise der Fall ist, was ein Hinweis auf das mögliche Auftreten von impfbedingten Todesfällen ist.

Der methodische Fehler des Paul-Ehrlich-Instituts

Bei der normalerweise erwarteten Anzahl an Todesfällen wird die Gesamtzahl aller erwarteten Todesfälle über alle Todesursachen (Krebs, Herzkrankheiten, Schlaganfall und viele andere) hinweg bestimmt. Um zu prüfen, ob mehr Todesfälle als erwartet aufgetreten sind, müssen demnach auch bei den tatsächlich aufgetretenen Todesfällen alle Todesfälle über alle Todesursachen hinweg gezählt werden.

Den Fehler des PEI kann man anhand des letzten Sicherheitsberichts illustrieren. Dort berechnet das PEI beispielsweise für den Biontech-Impfstoff zunächst richtigerweise, dass in der geimpften Personengruppe binnen dreissig Tagen nach den Impfungen normalerweise 124.455 Todesfälle zu erwarten sind. Diese Zahl ist deswegen so hoch, weil eine sehr grosse Anzahl von insbesondere alten Menschen geimpft wurde. Ein Warnsignal würde sich demnach dann ergeben, wenn in der geimpften Personengruppe statistisch signifikant mehr als 124.455 Todesfälle auftreten würden. Wichtig ist zu wiederholen: Es handelt sich um alle Todesursachen zusammen.

Was macht aber nun das PEI? Es vergleicht diese Gesamtanzahl an 124.455 erwarteten Todesfällen nicht mit der Gesamtanzahl der in der geimpften Personengruppe tatsächlich aufgetretenen Todesfälle, sondern nur mit der Zahl der gemeldeten Todesfälle mit Verdacht auf einen Impfzusammenhang – das sind im letzten Sicherheitsbericht für den Biontech-Impfstoff 1369 Fälle binnen dreissig Tagen nach der Impfung. Und aus der Tatsache, dass die Anzahl der gemeldeten Impfverdachtstodesfälle in Höhe von 1369 nicht über der Schwelle der Gesamtanzahl von 124.455 erwarteten Todesfällen liegt, schliesst das PEI, dass es für den Biontech-Impfstoff kein Warnsignal für eine erhöhte Sterblichkeit nach der Impfung gäbe.

Es ist augenscheinlich, dass sich mit einer solchen Analyse praktisch niemals ein Warnsignal ergeben kann. Selbst wenn ein Impfstoff so hochgefährlich wäre, dass er so viele Todesfälle verursachen würde wie alle anderen Todesursachen (Krebs, Herzkrankheiten, Schlaganfall und viele andere) zusammengenommen und alle impfbedingten Todesfälle auch gemeldet werden würden, würde sich noch immer kein Warnsignal ergeben.

Die Aussagen des PEI zur Sicherheit der Impfstoffe beruhen also auf einer unsachgemäss durchgeführten Sicherheitsanalyse, welche selbst bei einem hochgradig tödlichen Impfstoff zum Schluss käme, der Impfstoff sei sicher.

42,5-mal mehr Verdachtstodesfälle gegenüber Grippe-Impfung

Dieses Vorgehen ist umso fragwürdiger, als die verfügbaren Daten nahelegen, dass von den Covid-Impfungen eine im Vergleich zu anderen Impfstoffen bisher nie da gewesene Gefahr ausgeht.

Über alle Covid-Impfstoffe hinweg wurden laut aktuellem Sicherheitsbericht bis Ende März insgesamt 2810 Todesfälle mit Verdacht auf einen Impfzusammenhang an das PEI gemeldet. Diese Anzahl ist weitaus höher als für andere Impfstoffe.

Beispielsweise ist laut einem begutachteten Fachartikel die Anzahl der in der europäischen Überwachungs-Datenbank EudraVigilance gemeldeten Verdachts-Todesfälle, unter Einrechnung der Anzahl der verabreichten Impfungen, für die Covid-Impfstoffe um das 42,5-Fache höher als für die Influenza-Impfstoffe.

Bezieht man die Anzahl der gemeldeten Verdachtstodesfälle auf die Anzahl der mindestens einmal geimpften Personen, wurde pro 23.000 geimpften Personen ein Verdachts-Todesfall gemeldet.

Hier ist noch nicht einberechnet, dass es vermutlich eine Dunkelziffer an nicht gemeldeten Verdachts-Todesfällen gibt. Würden beispielsweise nur 20 Prozent der Todesfälle gemeldet, bei denen ein Verdacht auf einen Impfzusammenhang besteht – was angesichts von Schätzungen aus Studien zur Meldehäufigkeit durchaus realistisch erscheint –, würde etwa pro 4600 geimpften Personen ein Verdachts-Todesfall auftreten.

Bei möglichen Schäden in einer solchen Grössenordnung wirkt die Aussage, eine Impfung könne nur im ganz extremen Ausnahmefall tödlich sein, fragwürdig.

Weiterer Trugschluss

Eine offene Frage bleibt, wie hoch der Anteil bei den gemeldeten Verdachts-Todesfällen ist, bei dem die Impfung tatsächlich ursächlich für das Versterben war. Allerdings offenbart auch hier ein genauerer Blick in die Sicherheitsberichte des PEI, dass eine die Illusion einer Sicherheit erweckende Darstellung gewählt wird, welche in Wirklichkeit womöglich nicht gegeben ist.

Das PEI berichtet die entsprechenden Zahlen im aktuellen Sicherheitsbericht beispielsweise so: «In zirka einem Prozent der Verdachtsfall-Meldungen (n=2810 Fälle) wurde ein tödlicher Verlauf in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zu einer Covid-19-Impfung mitgeteilt. 116 Fälle wurden vom Paul-Ehrlich-Institut als konsistent mit einem ursächlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Covid-19-Impfung bewertet.»

Diese Darstellung erweckt den Eindruck, als würde nur bei einem kleinen Bruchteil der gemeldeten Verdachts-Todesfälle – in diesem Fall 4 Prozent – ein ursächlicher Zusammenhang mit den Impfungen vorliegen.

Das ist allerdings ein weiterer Trugschluss: Beruhend auf dem durch die Art der Darstellung hervorgerufenen Eindruck, die anderen 96 Prozent der Verdachts-Todesfälle seien alle geprüft worden und die Impfungen seien bei allen als Ursache definitiv ausgeschlossen worden.

Zur Sachlage bei den anderen 96 Prozent werden aber keinerlei Angaben gemacht. Beispielsweise könnte es sein, dass viele Verdachts-Todesfälle aufgrund fehlender Zeit oder fehlender Daten gar nicht genauer untersucht wurden.

Dass der Anteil der ursächlich an den Impfungen verstorbenen Personen deutlich höher sein könnte als von den Sicherheitsberichten des PEI nahegelegt, lassen die Obduktions-Ergebnisse des renommierten Pathologen Professor Peter Schirmacher vermuten.

Diese besagten, dass bei 30 bis 40 Prozent der von ihm obduzierten Verdachts-Todesfälle die Impfung tatsächlich die Todesursache war. Der tatsächliche Anteil der ursächlich an den Impfungen verstorbenen Personen wäre laut diesen Zahlen um das 8- bis 10-Fache höher, als es laut den Darstellungen des PEI in den Sicherheitsberichten den Anschein hat.

Annahme nicht valide

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Basierend auf den Sicherheitsanalysen des PEI baut das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss zur Verfassungskonformität der Corona-Impfpflicht für Beschäftigte im Pflege- und Gesundheitsbereich auf der Annahme auf, dass eine Covid-Impfung nur im ganz extremen Ausnahmefall tödlich sein kann.

Allerdings ist eine solche Annahme aufgrund der fehlerhaften Verwendung einer Sicherheitsanalyse-Methode und der unklaren Darstellung der Befundlage zur Prüfung der gemeldeten Verdachts-Todesfälle nicht valide.

Der Beschluss zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht des Bundesverfassungsgerichts verliert somit einen seiner zentralen Grundpfeiler.

Autoren:

Prof. Dr. Jessica Agarwal
Prof. Dr. Lothar Harzheim
Prof. Dr. Martina Hentschel
Prof. Dr. Boris Kotchoubey
Prof. Dr. Klaus Kroy
Prof. Dr. Christof Kuhbandner
Prof. Dr. Klaus Morawetz
Prof. Dr. Gabriele Peters
Prof. Dr. Konrad Reif
Prof. Dr. Matthias Reitzner
Dr. Jens Schwachtje
Prof. Dr. Lutz Stührenberg
Prof. Dr. Tobias Unruh

Eine ausführlichere Darstellung ist unter folgendem Link zu finden: https://7argumente.de/grobe-fehler-in-pei-sicherheitsanalyse/