Schöner scheitern mit Scholz!

Es war eines der ersten grossen Projekte von Kanzler Olaf Scholz (63, SPD) gleich nach seinem Amtsantritt: die allgemeine Impfpflicht gegen Corona.

Beherzt wollte die neue Ampel-Koalition sich der Volksgesundheit annehmen, als der Ukraine-Krieg noch nicht die Schlagzeilen beherrschte. Nun ist der grosse Zählappell zum Impfen mit Pauken und Trompeten im Bundestag durchgerauscht.

Gut so!

Ein Sieg der Vernunft über die Parteiräson! Kaum je hat sich eine Regierung und leider auch ein Parlament so lächerlich gemacht wie die Berliner Ampelisten. Ein Vorhaben höchster Dringlichkeit, zu dem die Regierung aber keinen Entwurf vorlegen wollte, sondern es mit hohem Pathos dem Gewissen der Abgeordneten anheimstellte, wie der Anti-Seuchen-Kampf auf die Spritze getrieben werden sollte.

Impfpflicht ab 18, ab 50, schliesslich ab 60, davor Beratungspflicht und Ausweispflicht des Impf- oder Genesenenstatus …

Wer will, wer will, wer hat noch nicht?

Unklar, gegen welche Variante und wie oft der Arm denn hätte perforiert und geboostert sein sollen. Hauptsache Pflicht. Im Gleichschritt – Marsch!

Nur wird zum Glück nichts aus dem Humbug, und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (70, FDP) kann zu Recht eine Sekt-Ampulle knallen lassen: Sein Antrag gegen die Impfpflicht war der erste seriöse Antrag zum Thema und hat sich für den verschmitzten Liberalen gleich mehrfach ausgezahlt: Zwei dicke Stapel Autogrammkarten stehen auf seinem Schreibtisch. «Die Wochen-Ration», die er in freien Minuten signiert und wunschgemäss verschickt.

Jetzt kriegen die Deutschen nicht mal mehr Pflichten auf die Reihe. Es gibt Hoffnung …

Ralf Schuler ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS und betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch «Generation Gleichschritt. Wie das Mitlaufen zum Volkssport wurde» ist bei Fontis (Basel) erschienen.