Wieder einmal wird Südafrika von fremdenfeindlichen Unruhen erschüttert – der nunmehr dritten Welle seit dem Ende der Apartheid vor fast dreissig Jahren. Mehr als 600 Menschen, so schätzt die Forschungsgruppe Xenowatch, sollen den Pogromen bislang insgesamt zum Opfer gefallen und weit über 100.000 als Folge der Angriffe aus ihren Hütten geflohen sein.

Bei der grossen Mehrheit der Opfer handelt es sich um (schwarze) Zuwanderer aus dem übrigen Afrika, deren Zahl am Kap inzwischen auf rund vier Millionen angeschwollen ist und die damit bereits etwa 7 Prozent der Gesamtbevölkerung stellen dürften.

Ein Grund für die Wut auf die Zuwanderer ist seit langem die hohe Arbeitslosigkeit am Kap von offiziell nun sogar 35 Prozent. Rechnet man in diese Zahlen auch noch diejenigen ein, die ihre Jobsuche frustriert abgebrochen haben, steigt die Zahl auf fast 50 Prozent! Unter den Jugendlichen haben inzwischen fast zwei Drittel keinen Job. Viele machen die oft erfolgreicheren, weil hart arbeitenden Zuwanderer dafür verantwortlich und nicht den eigentlichen Grund: die völlig verfehlte Wirtschaftspolitik des regierenden African National Congress (ANC) und dessen extrem rigide Arbeitsgesetze. So hätte der ANC in den letzten dreissig Jahren viel mehr tun können, um die Armut wirkungsvoll zu vermindern.

Zwei weitere Gründe verschärfen die Lage diesmal noch: zum einen das Aufkommen einer fremdenfeindlichen Bürgerwehr mit dem Namen «Operation Dudula» (Zulu für «zurückdrängen»), die auf Märschen und im Internet gegen Migranten hetzt und diese landesweit in Angst und Schrecken versetzt.

Zum anderen steigt im Volk und in der Regierung der Wunsch nach einer harten Zuwanderungspolitik, zumal der ANC vor den Wahlen im nächsten Jahr einen Sündenbock für das Scheitern seiner Politik braucht – und die Migranten eine ideale Projektionsfläche bieten. Denn vieles deutet darauf hin, dass der ANC 2023 erstmals seit seinem Machtantritt im Jahre 1994 seine bislang satte absolute Mehrheit verlieren könnte.

Ob dem so ist, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur, dass der Traum von der «Regenbogennation», wie Friedensnobelpreis-Träger Desmond Tutu Südafrika wegen dessen vermeintlicher Buntheit und Toleranz einst taufte, inzwischen jäh ausgeträumt ist.