Deutschland träumt vom Sommermärchen. Achtzehn Jahre nachdem das Land des (mittlerweile) vierfachen Weltmeisters die «Welt zu Gast bei Freunden» empfangen hat, hofft man auf ein Revival jener Gefühle von Wärme, Spass und Freundlichkeit. Und auf die sonnigen Gefühle des sportlichen Erfolgs.

Doch jene reichen bei weitem nicht mehr, um alle zufriedenzustellen. Denn der Fussball muss längst alle gesellschaftlichen, moralischen und politischen Sehnsüchte bedienen. Davon zeugen Kapitänsbinden in Regenbogenfarben, Auswärtstrikots, die an die Street Parade erinnern – oder Botschaften, die von Inklusion, Gleichstellung und der absoluten Fairness zeugen.

Da passt es schlecht in diese heile Welt, wenn eine Umfrage in einer Dokumentation der ARD zum Ergebnis kommt, dass jeder fünfte Deutsche mehr «weisse Nationalspieler» will. Seither tut der Deutsche Fussball-Bund alles dafür, dieses Bild geradezurücken.

Doch an etwas ändert die Symptombekämpfung nichts: Viele Fussballfans tun sich schwer, dass viele Nationalmannschaften je länger je mehr an Söldnertruppen erinnern, in denen vor allem das Prinzip der Selbstverwirklichung gilt. Die Schweizer Equipe mit ihren Vorkämpfern Xhaka und Shaqiri ist da keine Ausnahme.

Doch hiermit sei dieses Thema (vorläufig) erledigt. Schauen wir mit Freude nach München, wo im Umfeld des Startspiels der Gastgeber gegen Schottland mehrere Hunderttausend Schotten die Stadt erobern – und dies auf völlig friedliche Weise. Die wenigsten der Briten kommen ins Stadion (sie haben schlicht kein Ticket), doch sie werden das haben, was wir uns für alle Fussballfans in den kommenden vier Wochen wünschen: eine grossartige Party mit Emotionen, Gesängen, dem einen oder anderen Bierchen – und vielen wunderschönen Begegnungen.

Und dies ganz ohne eine politische oder moralisierende Botschaft.