In den Niederlanden finden die Wahlen zu den zwölf Provinzparlamenten jeweils am selben Tag statt.

Sie gelten als Quittung für die Bundespolitik in Den Haag, konkret für Ministerpräsident Mark Rutte und seine Koalition. Hauptthema der Wahlen waren die angekündigten drastischen Umweltauflagen für die intensive Landwirtschaft, gegen die Bauern seit Monaten auch mit Gewalt protestieren.

Die geplante drastische Reduktion des erlaubten Düngereinsatzes (Nitrogen) wird viele Landwirte zur Aufgabe ihrer Betriebe zwingen. Die Niederlande sind mit ihren 17,5 Millionen Einwohnern nach den USA der zweitgrösste Agrarexporteur der Welt. Zugleich zählt das Land in Europa zu den grössten Treibhausgasemittenten.

Es gibt aber einen noch wichtigeren Grund, warum die Provinzwahlen 2023 mit der höchsten Wahlbeteiligung von 61,2 Prozent seit 36 Jahren eine wichtige Rolle spielen. Die neugewählten Provinzabgeordneten wählen Ende Mai die Mitglieder der ersten Kammer, des Senats.

Die rund dreizehn Millionen Wahlberechtigten entschieden somit am 13. März 2023 nicht nur über die Parlamente ihrer zwölf Provinzen, sondern indirekt auch über die Zusammensetzung der ersten Kammer des nationalen Parlaments, vergleichbar dem schweizerischen Ständerat oder dem deutschen beziehungsweise österreichischen Bundesrat.

Bei den Provinzwahlen vom 15. März 2023 kam es nun zu einem Erdrutschsieg der bäuerlichen Boer-Burger-Beweging (BBB). Die erstmals an den Provinzwahlen teilnehmende Protestpartei von Caroline van der Plas wurde auf Anhieb mit Abstand stärkste Partei.

Im Senat, in dem bisher sechzehn Parteien vertreten waren, wird die BBB 15 der 75 Sitze gewinnen und damit die Regierungsmehrheit ins Wanken bringen. Etwa gleich stark wie die BBB werden die zusammenrückenden Sozialisten (Partij van de Arbeid, PvdA) und Links-Grünen (GroenLinks) in den Senat einziehen.

Während GroenLinks bei 8 Mandaten stagnierte, gewann die PvdA eines hinzu und liegt nun bei 7. Zusammen besetzen sie somit 15 Sitze.

Die Mitte-rechts-Partei VVD von Regierungschef Rutte gewannen nur 10 (bisher 12) Sitze.

Die Koalitionsparteien verloren zusammen 8 Sitze und kommen noch auf 24 Mandate. Für eine Mehrheit von 38 Stimmen im Oberhaus ist die Regierungskoalition somit auf die Links-Grünen oder die BBB angewiesen.

Im Unterhaus mit 150 Sitzen ist die Parteienlandschaft mit zwanzig verschiedenen Parteien noch stärker aufgesplittert. Die Regierungskoalition mit einer Mehrheit von 77 Mandaten setzt sich aus den vier Parteien VVD (34 Sitze), Liberaldemokraten 66 (24 Sitze), den Christdemokraten (14) und der Christlichen Union (5) zusammen.

Die BBB errang bei den Wahlen 2021 lediglich ein Mandat. Dies wird sich wohl bei den nächsten Wahlen im März 2025 ändern. Die BBB wurde vor vier Jahren gegründet und ist nun auf nationaler Ebene mit 16 Prozent hinter der VVD (25 Prozent) und der PVV (Partij voor de Vrijheid, 17 Prozent) die drittstärkste politische Kraft im Land, wie die jüngsten Umfragen zeigen.

Auch die Provinzwahlen in den Niederlanden bestätigen, dass die Zeit für links-grüne Höhenflüge vorüber ist und selbst christlich-bürgerliche Mitte-Parteien um ihre Mehrheiten kämpfen müssen. Die Basisbewegungen gegen übertriebene Umweltauflagen gewinnen zusehends an Stärke.