Die Meldung war knapp und nüchtern. Sie stand Ende 2022 in der zwölften Nummer der Allgemeinen Militärzeitschrift (ASMZ), dem offiziellen Organ der Schweizerischen Offiziersgesellschaft. Im Zusammenhang mit dem jeweils im Oktober stattfindenden Nato-Nuklearmanöver «Steadfast Noon» sei von den Amerikanern «der Atombombenabwurf durch B-53-Bomber über Europa simuliert» worden.

Gross ist jeweils die Empörung, wenn die russische Führung für den Fall einer Eskalation des Ukraine-Kriegs mit dem Einsatz von Nuklearwaffen auf europäischem Boden droht. Wenn die USA hingegen den Einsatz von Atombomben über Europa simulieren, ist dies kaum eine Randnotiz wert.

Warum scheint es den Europäern nichts auszumachen, unter den gewaltigen Druckwellen amerikanischer Atombomben ausgelöscht zu werden? Warum hingegen ist es für sie ein wahrer Alptraum, ein moralischer Skandal, wenn ihre Vernichtung infolge des Einsatzes einer russischen Atombombe erfolgt?

Den Vereinigten Staaten fällt die Erprobung von Atomwaffen-Einsätzen im fernen Europa einigermassen leicht. Ähnliche Atomübungen des Pentagon zum Zweck der Verteidigung des eigenen Territoriums würden die Amerikaner allerdings kaum so brav schlucken.

Europa ist und bleibt wie ehedem im Kalten Krieg atomares Vorgelände der USA. Nur schon darum ist den Amerikanern ein friedliches Zusammenleben und das erfolgreiche Wirtschaften zwischen den europäischen Staaten und Russland ein Dorn im Auge. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs verzwergen sich die Europäer freiwillig zu Marionetten, die an den Fäden Washingtons zappeln und das tun, was sie am besten können: sich in Masochismus üben.