Die amerikanische Notenbank Fed hat soeben einen weiteren Zins-Erhöhungsschritt gemacht. Notenbankchef Jerome Powell hat die Zinsverschärfungen vor einiger Zeit eingeleitet, um die Inflation zu bekämpfen, die im März auf 8,5 Prozent gestiegen ist. Das ist viel. Und das Fed hält nun mit einem Zinssatz von 1 Prozent dagegen. Das ist nicht viel.

Hat jetzt wirklich der ernsthafte Kampf gegen die zerstörerische Inflation eingesetzt? Schwer zu glauben.

Ein Indiz: die Reaktionen der Börsenanleger: Kauflust; sie schienen froh, die Börsenkurse stiegen sogleich, Erleichterung. Das gibt zu denken.

Wenn die Investoren ernsthaft erwarten würden, die Notenbank wolle die Zügel wirklich scharf anziehen, um die hochgeschossene Inflation zu zähmen, würden sie wohl anders reagieren. Würden sich auf gebremstes Wachstum, sinkende Unternehmens-Erfolge, schrumpfende Bewertungen einstellen.

Aber jetzt herrscht offenbar Wohlfühl-Stimmung. Die Notenbank gilt wohl immer noch als Babysitter, wie das der legendäre Fed-Chef Alan Greenspan in seiner Amtszeit (1987–2006) eingeführt hatte, nach dem Motto: Immer wenn ein Börseneinbruch droht, kommt die Fed und schüttet Geld aus. So wurde er beliebt, mit dem Greenspan-Put – der Garantie, dass die Notenbank im Fall des Falles Kursrückschläge sogleich mit Geldspritzen kuriert.

Das blieb die Grundlage der Geldpolitik. Greenspans Nachfolger Ben Bernanke und Janet Yellen (heute US-Finanzministerin) übten sich in der gleichen Fürsorger-Rolle. Und Powell wird wohl auch nicht viel anders können, selbst wenn er jetzt in wirtschaftlich guten Zeiten die Zinsen ein wenig erhöht – damit ist er nicht eisenhart wie seinerzeit um 1980 Paul Volcker. Bisher  läuft also kein harter Kampf gegen die Inflation in den USA.

Und was ist mit der Europäischen Zentralbank (EZB), die im Euro-Gebiet eine Inflationsrate von 7,5 Prozent hat, aber immer noch zuschaut, ja sogar noch massenhaft Geld in die Wirtschaft, ins Feuer schmeisst? Müsste sie nicht endlich von den Nullzinsen wegkommen?

Für die französische EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist das Zusammenhalten der Euro-Zone durch Gratisgeld und Quersubventionen, was unweigerlich auf Kosten Deutschlands und der Sparer erfolgt, das wichtigere Ziel als die Geldwert-Stabilität, die eigentlich im Pflichtenheft steht.

Pflichtverletzung ist Praxis. Lagarde hat die Mehrheit des EZB-Rats hinter sich, der durch unsolide, verschuldete Südstaaten dominiert ist, die höhere Zinsen ablehnen und weiterhin Gratisgeld wollen.

Da es mit der Euro-Inflationsrate aber doch langsam brenzlig wird, spricht Lagarde nun von irgendwelchen Inflations-Messproblemen, die man zuerst klären sollte. Zeitgewinn. Und beschwichtigend springt ihr EZB-Direktorin Isabel Schnabel bei, wenn sie von einer möglichen Zinserhöhung im Sommer spricht. Schnabel kommt zwar aus Deutschland, vertritt in der EZB-Führung aber die Südstaaten-Sicht und hilft damit, den Euro in Richtung Lira-Schicksal zu bewegen.

Und die Schweizerische Nationalbank? Sie hat die Inflation beim Franken bisher niedrig gehalten, ist mit ihrer Geldpolitik zins- und wechselkursmässig jedoch eng mit der unsolid gewordenen Euro-Zone verbunden. Kann die Schweiz der Verweichlichung der Währung ausweichen?

Es gibt Anzeichen dafür. Die Nachfolge im Direktorium der Nationalbank mit der gerade erfolgten Ernennung des internen Kandidaten Martin Schlegel als neuen Vizepräsidenten im Führungsgremium hinter Thomas Jordan ist ein Anzeichen dafür, dass ein Nagel zur Stabilisierung der Währung eingeschlagen wurde.