Wenn künftige Historiker die Gründe für Putins Angriffskrieg erforschen, werden sie in seiner Rede vor dem St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum am vergangenen Freitag fündig.

Entnazifizierung, Demilitarisierung, Novorossija und Russische Welt – alles nur Tortenguss fürs lokale Publikum.

Vor den internationalen Vertretern (kaum jemand aus dem globalen Westen, die meisten aus dem «Rest der Welt») öffnet der russische Präsident sein Herz. Die disruptiven Stürme, die jetzt über die westlichen Volkswirtschaften hereinbrächen, hätten diese sich selbst zuzuschreiben: ihren «geostrategischen Ambitionen».

Die Ukraine ist nur Kriegsschauplatz.

Was Putin irgendwann vor dem 24. Februar geplatzt ist wie der buchstäbliche Kragen, ist der lange aufgestaute Zorn angesichts einer Weltordnung, die nicht nur aus russischer Sicht über die Massen US-lastig ist. Das erklärt die abwartende Neutralität der Chinesen, Inder und vieler anderer in Asien, Afrika und Südamerika.

Putin hat Russland zum Vorreiter einer Zerstörung gemacht, die er selbst wahrscheinlich für schöpferisch hält: die alte Ordnung so zu erschüttern, dass sie am Ende einer neuen Ordnung weichen muss. Das ist die eigentliche Triebkraft hinter der Invasion im Nachbarland.

Den Zerstörungsauftrag hält der russische Präsident jetzt schon für erfolgreich durchgeführt. Man erkennt es am ersten Satz seiner Rede: Es wäre ein Fehler, zu glauben, die stürmischen Veränderungen seien vorübergehend und alles kehre wieder in normale Bahnen zurück.