Die Zeitung Blick ist in den vergangenen Jahren nicht unbedingt durch eine EU-kritische Haltung aufgefallen. Der vom Bundesrat beerdigte Rahmenvertrag wurde mehr wohlwollend als kritisch begleitet, wie auch eine Blitzrecherche in der schweizerischen Mediendatenbank aufzeigt.

Besonders die Chef-Editorials von Sonntagsblick und Blick sind in dieser Hinsicht sehr aufschlussreich.

Umso mehr überraschen die aktuellen Berichte über das von Bundesrat Ignazio Cassis am Freitag präsentierte Verhandlungsmandat: «Wer versenkt das neue EU-Paket?», so die Schlagzeile am Tag nach dem Auftritt des Aussenministers. Es hagle Kritik, heisst es darunter, auch dieser Weg führe ins Nirgendwo. Dies, nachdem das Blatt noch vor einem Monat titelte, das neue Verhandlungsmandat des Bundesrats sei auf gutem Wege. Nach einer zweimonatigen Konsultation erhalte der Bundesrat viel Zustimmung.

Freilich kann man sich fragen, ob der linke Blick darüber gleich berichtet hätte, wenn ein Sozialist im Departement für äussere Angelegenheiten (EDA) das Sagen hätte und nicht der Freisinnige Ignazio Cassis. Der Tessiner ist für linksgedrehte Schweizer Zeitungen, darunter auch der Blick, seit seinem Amtsantritt ein rotes Tuch.

Dennoch ist der Schwenker in Sachen EU-Verhandlungen spektakulär.

Offensichtlich ist man sich im Ringier-Verlag inzwischen bewusst geworden, europapolitisch an der Lebenswirklichkeit der eigenen Leserschaft grandios vorbeigeschrieben zu haben – nach einer drastischen Talfahrt der Auflage in den letzten Jahren.