Bernie Madoff: ein weisshaariger Herr mit distinguiert-honorigem Auftritt in Wall-Street-Uniform.

Sam Bankman-Fried: 30-jähriger Wuschelkopf in T-Shirt und kurzen Hosen mit «läck mi»-Attitüde.

Gemeinsam ist den beiden, dass sie offenbar ein Schneeballsystem errichtet haben, durch welches die jeweiligen Investoren um Milliarden geprellt wurden. Bei Bernie Madoff beträgt die Schadenssumme über 60 Milliarden Dollar, bei Bankman-Fried sind es nach jetzigem Wissensstand mindestens acht Milliarden. Doch während Madoffs Pyramide über Jahrzehnte errichtet wurde, dauerte es bei Bankman-Fried gut drei Jahre. Der Kollaps fand jetzt innerhalb von Tagen und Wochen statt.

Speziell an dem neuen Betrugsskandal von Bankman-Fried ist, dass er sich ganz in der Krpyto-Finanz abgespielt hat, dem blubbernden Biotop von virtuellen Währungen (Krypto-Währungen, «Coins»). Im Mai 2019 gründete der «neue J. P. Morgan» (Moderator Jim Cramer auf dem linkslastigen Sender CNBC) eine vorgebliche Tauschbörse für verschiedene Krypto-Währungen: FTX. Der Name steht jetzt schon für den grössten bisherigen Skandal in der Krypto-Finanz. Der Firmengründer wird mittlerweile in den sozialen Medien als «Scam Bankrun-Fraud» bezeichnet.

Wie das Wall Street Journal in einer detektivischen Recherche aufzeigt, war FTX aber nicht wie angegeben eine Krypto-Börse, auf der Kunden die eine Krypto-Währung in die andere umtauschen konnten. Vielmehr dienten die Kundeneinlagen zur Kapitalisierung des hochspekulativen und riskanten Eigenhandels von Krypto-Währungen, die Bankman-Fried über seine andere Firma, Alameda, abwickelte. Solch eine Zweckentfremdung von Kundenguthaben ist im traditionellen Finanzsektor hochkriminell und mit langen Gefängnisstrafen bewehrt.

Trotzdem wurde Bankman-Fried, der mit seinem FTX-Management in einer WG auf den Bahamas lebt (der vorübergehende Milliardär fährt demonstrativ einen Toyota Corolla), zum gefeierten Superstar der Hochfinanz. Renommierte Investment-Gesellschaften wie Blackrock oder Softbank engagierten sich finanziell an dem fragwürdigen Konstrukt. Während einer Konferenz mit den Verantwortlichen des Venture-Capital-Unternehmens Sequoia Capital aus Menlo Park im Silicon Valley widmete sich Bankman-Fried einem Videospiel. «Geil», sagten die Risikokapital-Geber, und investierten 213 Millionen Dollar, die sie jetzt abschreiben müssen.

Auch politisch lief es rund. Bei den Präsidentschaftswahlen 2020 und den Zwischenwahlen 2022 avancierte der Krypto-Finanzmann zum zweitgrössten Spender der US-Demokraten nach George Soros. Seine Mutter war schon länger als Geldbeschafferin für die Partei tätig, und sein Vater, ein Steuerrechts-Professor an der kalifornischen Elite-Universität Stanford und ehemaliger Professoren-Kollege des amtierenden obersten US-Finanzaufsehers Gary Gensler, half dem Sohn bei der Kapitalbeschaffung für FTX. Im Falle einer Wiederwahl Donald Trumps versprach Bankman-Fried, der Demokratischen Partei eine Milliarde US-Dollar zu spenden für ihren Kampf gegen den orange man. An seiner Krypto-Konferenz auf den Bahamas nahmen Bill Clinton und Tony Blair als bezahlte Ehrengäste teil. Seine Firma FTX wurde zur Partnerin von Klaus Schwabs World Economic Forum (WEF) – was es normalerweise nicht zum Nulltarif gibt.

Wir halten fest: Ein Teil der von Sam Bankman-Fried ergaunerten Gelder landete in der Kriegskasse von Joe Biden und den US-Demokraten sowie mutmasslich auch beim WEF in Genf. Er inszenierte sich als Verfechter des «effektiven Altruismus». Dessen Vertreter streben einen hohen persönlichen Reichtum an, um die von ihnen identifizierten Probleme der Menschheit zu lösen. Das gleitet leicht ins Totalitäre ab.

In den letzten Monaten nutzte Bankman-Fried seine zunehmende Position und Beliebtheit in der Regierungspartei, um für eine Regulierung der Krypto-Finanz zu lobbyieren. Er wirkte massgeblich am derzeit im Kongress verhandelten «Digital Commodities Consumer Protection Act» mit, welcher gegen Konkurrenten von FTX gerichtet ist. So betrachtet entbehrt es nicht der Ironie, dass der Bannerträger für mehr erzwungenen Konsumentenschutz im Krypto-Raum jetzt als grosser betrügerischer Gauner dasteht.

Was sagt Bankman-Fried selbst zu dem gigantischen Debakel? Die Abzweigung von Kundengeldern sei ein «poor judgement call» gewesen, eine Fehleinschätzung. Dass er auf Twitter behauptet habe, FTX würde niemals mit Kundengeldern auf eigene Rechnung spekulieren? Leider «faktisch inkorrekt». In einem länglichen Chat-Interview mit der Journalistin Kelsey Piper (Vox.com), das vor rund drei Tagen stattfand, versucht sich der Firmengründer zu rechtfertigen: Sein grösster Fehler sei es gewesen, den Bankrott von FTX anzumelden, anstatt mehr Kapital aufzutreiben.

Eine Schutzbehauptung: In den Tagen vor dem Kollaps von FTX reiste Bankman-Fried von Pontius zu Pilatus, bis zu den Staatsfonds des Mittleren Ostens, um das sich öffnende Milliardenloch zu stopfen. Doch jeder, der mit wachem Blick auf die Firma schaute, sah, dass es vorbei war.

Als feiner Treppenwitz der Geschichte kann festgehalten werden, dass gerade in diesen Tagen Elizabeth Holmes zu elf Jahren Gefängnis verurteilt wurde, welche mittels ihrer angeblich revolutionären Bluttest-Firma Investoren um Milliarden geprellt hat. Die Zukunft des Philanthropen Sam Bankman-Fried sieht düster aus.