Es war im Oktober 2021, als im kantonalen Branchenverband Gastro Zürich kein Stein auf dem anderen blieb.

Mit dem Verbandspräsidenten Ernst Bachmann, dem geschäftsführenden Verbandssekretär Karl Schröder (altershalber) und Elisabeth Ruf, der Leiterin der verbandseigenen Gastronomieschule, trat die alte Garde, allesamt Vertreter der traditionellen bürgerlichen Wirtkultur, in globo zurück.

Die drei hinterliessen nicht nur eine grosse personelle Lücke, sondern auch einige offene Fragen in der Buchhaltung. Urs Pfäffli, der in einer Kampfwahl gegen Daniel Müller zum neuen Präsidenten gewählt wurde, schaute etwas tiefer in die Bücher. Dabei stiess er auf grosse Unregelmässigkeiten. Die Rede ist «von privaten Anschaffungen» des Sekretärs Schröder – in Form von Zigarren, Wein, IT-Geräten und Kleidern.

Unter anderem zeigte sich Schröder, ein renommierter Anwalt mit Kanzlei an der Zürcher Bahnhofstrasse, gegenüber Catherine Ruf, der Nachfolgerin von Elisabeth Ruf, spendabel und machte ihr ein grosszügiges Hochzeitsgeschenk. Verbucht wurde dieses über das Konto von Gastro Zürich. Insgesamt beläuft sich die mutmassliche Summe der freundschaftlichen Anschaffungen und Gefälligkeiten auf 443.437 Franken. Dieser Betrag umfasst eine Periode von nur 21 Monaten. Insgesamt war Schröder 26 Jahre als Geschäftsführer von Gastro Zürich tätig.

Dieser will von einer Schuld allerdings nichts wissen und weist die Vorwürfe als «unwahre Unterstellungen von Pflichtverletzungen gegenüber den ehemaligen Schulleiterinnen und dem Geschäftsführer» zurück. Die entsprechende Richtigstellung, die der Weltwoche vorliegt, umfasst sieben Seiten. Darin stellt Schörder seine eigenen Verdienste in den Vordergrund: «Während 26 Jahren war ich Geschäftsführer von Gastro Zürich. Im Jahre 1996, bei Antritt der Arbeitsstelle, stand der Verband faktisch vor dem Konkurs. Unter grossen Anstrengungen, verbunden mit etlichen schlaflosen Nächten, konnte der Verband im Lauf der Jahre sukzessive saniert werden. Am 30. September 2021, bei meiner Pensionierung, habe ich den Verein in einer sehr gesunden finanziellen Situation übergeben.»

Ausserdem rechtfertigt Schröder die Kleiderkäufe für Elisabeth und Catherine Ruf mit folgenden Worten: «Kleiderkäufe durch die Damen Ruf wurden von mir genehmigt. Sie waren als Kompensations- und Repräsentations-Auslagen gedacht. Hiervon hatte der Vorstand seit Jahren Kenntnis und war mit dem Vorgehen einverstanden. Wie akribisch nach Unregelmässigkeiten gesucht wurde, zeigt der Hinweis auf die Quittung des Brautmodegeschäfts; eine Rückfrage bei mir hätte genügt, und man wüsste, dass es sich dabei um das vom Vorstand bewilligte Hochzeitsgeschenk von Catherine Ruf handelte.»

Ganz so einfach dürfte die Sache aber nicht sein. Neben den Forderungen an den pensionierten Geschäftsführer zieht Gastro Zürich juristische Massnahmen in Erwägung. Am Montag findet die Delegiertenversammlung des Verbands statt. Dabei wird der Vorstand dem Plenum mitteilen, dass er Strafanzeige gegen Schröder einreichen will.

Es gilt die Unschuldsvermutung.