Viel zu reden gibt in der Schweiz ein Urteil des Bundesgerichts, wonach Hausfrauen im Falle einer Trennung und Scheidung für ihren Lebensunterhalt selber verantwortlich sind. Geschiedene Mütter haben nicht mehr automatisch Anspruch auf Unterhaltszahlungen ihres Ex-Mannes.

Frau und Mann sind demnach prinzipiell für sich selber verantwortlich. Ehe und Kinder sind für Frauen nicht mehr eine Art Lebensversicherung – so der Entscheid einer ausschliesslich bürgerlichen Richterkammer in Lausanne.

Ein Mann hatte geklagt, weil er neben dem unbestrittenen Kinderunterhalt der Frau über 15 000 Franken monatlich hätte zahlen sollen. Es war tatsächlich zuweilen ungerecht, dass die Frau ihren Lebensstandard fortsetzen konnte, der Mann sich aber einschränken, im Extremfall sogar wieder das Kinderzimmer im Elternhaus beziehen musste.

Das Urteil wird als modern gefeiert und ist es wohl auch, jedenfalls ist es eine verspätete Folge des neuen Eherechts, wonach der Mann nicht mehr verantwortliches Oberhaupt der Familie ist. Und auch eine Folge davon, dass die Schuldfrage bei einer Scheidung keine Rolle mehr spielt.

Letzteres führte oft zu ungerechten Situationen, wenn nämlich die Frau mit dem Tennislehrer durchbrannte und der malochende, ausgebremste Mann dann noch den Lebensunterhalt zahlen, um die Väterzeit kämpfen und oft nur noch mit sehr wenig Geld durchs Leben gehen musste.

Auf der anderen Seite: Jahrzehntelang benachteiligte das Schweizer Ehe- und Scheidungsrecht die Frauen. Männer konnten sich mit banalen Tricks um Unterhaltspflichten drücken. Dann schlug das Pendel zurück, und die Männer drohten bei Scheidungen in die Opferrolle zu geraten. Selber schuld.

Kalte Zeiten kommen auf uns zu. Vor allem auf die Kinder. Ihr Universum wird zerbrechlicher.

Die heutige Regelung schadet wahrscheinlich den Frauen. Sie werden zwar unabhängiger vom Ehemann, dafür aber abhängiger vom Zwang, sich neben der Familie eine Berufskarriere warmzuhalten. Welche Frau wird, kann, darf noch bereit sein, für die Familie, für ihre Kinder auf eine Laufbahn zu verzichten?

Damit schadet das neue Modell dem eigentlichen Zweck jeder Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau: den Kindern. Da die Eltern sich materiell nicht mehr aufeinander verlassen können, bleiben sie gezwungen zu arbeiten. Erst dann, weit hinten kommen die Kinder.

Ist das vernünftig?

Unsere Zeit ist besessen vom Kindeswohl. Aber vermutlich schaffen wir durch unsere scheinmodernen Ehevorstellungen das Gegenteil. Eltern, die beide hauptamtlich damit beschäftigt sind, auf dem Arbeitsmarkt nicht den Anschluss zu verlieren, laufen Gefahr, ihre Kinder zu vernachlässigen.

Nennt mich altmodisch, aber ich glaube, das Wohl unserer Zivilisation hängt von der Qualität der Mütter ab. Gibt es eine wichtigere Aufgabe, als dafür zu sorgen, dass die nächste Generation der Menschheit gut herauskommt? Männer können Kinder zeugen. Frauen schaffen das Wunder des Lebens. Und der Geborgenheit.

Männer sind nomadische Naturen, Streuner, Jäger und Sammler, stets leicht verführbar. Sie brauchen Halt. Man sollte es ihnen nicht zu einfach machen, aus einer Ehe auszusteigen. Auch Frauen neigen zur Flexibilität – «la donna è mobile». Wem ist geholfen, wenn wir die Trennungshürden senken?

Wer heiratet, begibt sich unter das nicht immer nur süsse Joch der Zweisamkeit. Man tauscht die Freiheit des Ichs gegen die Freiheit der Familie, die mehr ist als die Summe ihrer Einzelteile. Eltern sollten zusammenbleiben, weil sie gemeinsam das Universum bilden, das ihre Kinder bewohnen.

Kalte Zeiten kommen auf uns zu. Vor allem auf die Kinder. Ihr Universum wird zerbrechlicher. Die Schicksalsgemeinschaft der Ehe verkommt zur Tagesabschnittspartnerschaft. Grosser Verlierer sind die Mütter. Ihre Befreiung besteht darin, dass sie, verlassen mit 45, wieder arbeiten gehen müssen.

«Drum prüfe, wer sich ewig bindet», hiess es früher. Das neue Eherecht nimmt der Ehe den Ernst und dem Bund seinen verbindlichen Charakter. Die Eheleute finden sich emanzipiert wieder in gemeinsam einsamer Trostlosigkeit. Warum überhaupt noch heiraten? Alles fliesst. Wichtiges löst sich auf. R. K.