Beim Humor gilt es ja heute, extrem wachsam zu sein. Der Vorwurf der «Feindlichkeit» fliegt einem rascher um die Ohren, als man das Wort «Frau» oder «Genderstern» aussprechen kann.

Es gibt ein Bildchen von einem Lokal, das zwei nebeneinanderstehende WC-Türen zeigt, auf der einen steht «Bla», auf der anderen «Bla bla bla bla bla» (von unten bis oben). Wann immer es im Netz die Runde macht, regen sich feministisch bewegte Frauen furchtbar auf (und ihre männlichen Mitstreiter noch viel mehr): «Sexistisch! Frauenfeindlich!»

Der Käsehersteller Tilsiter hat für seine neue Werbekampagne das Sprüchlein «Alle sind jetzt nonbinär und lieben diversen Tilsit*er» kreiert. Einige finden das Sprachwitzchen gar nicht witzig, verstehen es als Spott gegen Nonbinäre und fragen auf Instagram, ob das jetzt die «rechtskonservative Bevölkerung» ansprechen solle. Ich kann beim besten Willen nichts Schädigendes in dem Slogan erkennen, auch keine Wertung. Tilsiter greift einfach den Zeitgeist des herrschenden Sprachkrieges mit einem Augenzwinkern auf und bringt seinen Käse damit ins Spiel: gelungen.

Ich habe mir erlaubt, auf Twitter ein Witzchen über einen weiblichen James Bond zu machen: «Jane Bond? Ja genau, und dann beim rückwärts Einparken den Aston Martin zerkratzen.» Darauf hat mich eine bekannte Schweizer Feministin aufgefordert (auf Twitter), solche «Frauenfeindlichkeit» zu unterlassen. Rüge sowie Anweisung einer Frau zur korrekten Witzsprache einer anderen Frau; auch das halte ich für einen fast gelungenen Witz.

Mal einen Witz über sich selbst zu machen (und darüber zu lachen), hat einen positiven Effekt.

Humorlosigkeit ist im Kulturkampf zum Markenzeichen geworden. Der Graben verläuft weniger zwischen dem politischen Links-rechts-Spektrum als vielmehr zwischen neo-spiessig-humorlosen Menschen und humorvollen, die sich selbst nicht immer ganz ernst nehmen. Erstere wachen penibel darüber, dass Menschen nichts Lustiges sagen oder schreiben, das falsch sein könnte. Zu Letzteren gehören selbst Feministen oder Minderheiten-Communitys, wo so mancher angesichts Witzeleien über die eigene Gruppe schmunzelt. Es ist oft nur ein kleiner, aber lauter Teil, der kritisiert, der in alles stets die schlimmstmögliche Absicht hineininterpretiert und es als «gefährlich» klassifiziert.

Wie es zusammenpasst, wenn auf der einen Seite bestimmte Personengruppen nicht zum Objekt des Scherzes werden dürfen, auf der anderen aber gefordert wird, genau diese Gruppen gleich zu behandeln wie alle anderen, weiss niemand so genau. Personen von Witzchen auszuschliessen, ist doch keine Gleich-, sondern eine Sonderbehandlung.

Und bevor Missverständnisse entstehen: Gewiss kann Sprache zu Hass und zu verwerflichen Handlungen führen. Aber es herrscht ein einigermassen weltumspannender Konsens darüber, dass Sprüche, Gewitzel, Ironie und Kommentare mit Augenzwinkern nicht dasselbe sind wie zutiefst abfälliger Spott mit böser Absicht oder gar Hetze. Der Unwille, diese Unterscheidung vorzunehmen, zeugt auch nicht gerade von der vielbeschworenen Toleranz.

Tilsiter spricht mit seiner Werbung niemandem das Existenzrecht ab, Ideale einer freiheitlichen Welt werden nicht verraten. Auch das WC-Bild tut niemandem weh, greift niemanden an. Es bringt keine Frauenrechte in Gefahr. Ich käme nie auf die Idee, mich wegen Tamara-Spott zu beschweren – und glauben Sie mir, die Basler Fasnacht war zu meiner Zeit als TV-Moderatorin nicht gerade zimperlich diesbezüglich, dagegen ist ein «Blablabla»-Bild die reinste Wohlfühlzone. Ich lachte herzhaft, hahaha! Alles todernst nehmen und nicht mehr über sich selbst schmunzeln und scherzen können ist kein Frauenbild, mit dem ich mich identifiziere.

Mal einen Witz über sich selbst zu machen (und darüber zu lachen), hat übrigens laut Wissenschaftlern einen unbeabsichtigten positiven Effekt: Menschen, die sich regelmässig über sich selbst lustig machen, weisen grössere Level von emotionalem Wohlbefinden auf. Lachen stärke das Herz, ein guter Sinn für Humor führe zu mehr Optimismus im Leben, was wiederum unsere Widerstandsfähigkeit stärkt und uns besser mit Ungemach umgehen lässt.

Ich stelle mir eine Welt unglaublich eintönig vor, in der nur noch über alte weisse Männer gespottet und gelacht wird. In dem Sinne wünsche ich uns allen fürs 2023 eine Portion mehr Humor.