Turgi

Sonderbares widerfährt mitunter den gläubigen Christen: Sie müssen die heilige Messe in einer Industriehalle feiern, denn ihrem Priester verbieten Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes den Zutritt zur Kirche, in der er jahrelang gewirkt hat. Und es gibt Gotteshäuser, in denen keine Sakramente mehr gespendet werden dürfen.

Wer glaubt, hier werde die Situation der Christen in Pakistan oder Afghanistan geschildert, täuscht sich. Wir befinden uns im Kanton Aargau, der kirchlich zum Bistum Basel gehört. Es sind auch nicht militante Atheisten, die Katholiken drangsalieren. Für die Christenverfolgung im grössten Bistum der Schweiz braucht es keinen neuen Nero oder Diokletian, sondern einen schwachen Bischof und eine Landeskirche, die das Geld anstatt den Glauben in den Mittelpunkt stellt. In der Kirchgemeinde Gebenstorf-Turgi hat die Landeskirche Aargau mit Bischof Felix Gmür dazu beigetragen, dass Pater Adam Serafin ein Rayonverbot erteilt wurde. Dabei hat sich der Priester weder straf- noch kirchenrechtlich etwas zuschulden kommen lassen.

Verfallserscheinungen

In wohl keiner Diözese der Welt ist die Beteiligung an der Kirche so gering wie im Bistum Basel.

Für jene, die sich weder in der kirchlichen Hierarchie noch im Staatskirchenrecht auskennen, ein kurzer Überblick: Die meisten Kantone der Schweiz zeichnen sich durch das sogenannte duale System aus, in dem demokratisch gewählte katholische Bürger in den Kirchgemeinden über Finanzen, den Bau von Gotteshäusern und die Anstellung von Personal entscheiden. Der Bischof verkündet hingegen die kirchliche Lehre, und er muss den Kirchgemeinden Priester zur Verfügung stellen, die in seinem Auftrag den Gläubigen die Sakramente spenden.

Das duale System ist in den meisten Kantonen durch die jeweilige Kantonsverfassung abgesichert. Diese gibt den Katholiken das Recht, sich als sogenannte Landeskirchen zu organisieren und dadurch die Verwaltung der Kirchengüter zu regeln. In der Theorie ist das ein sehr gutes System, durch das auf jenem Gebiet, das für die Kirche immer schon problematisch war – nämlich der Verwaltung von Geld und der damit verbundenen Macht –, ein demokratisches Element zum Tragen kommt. Nun zeigt das real existierende duale System aber Verfallserscheinungen: Es herrschen sich am System bereichernde Demagogen, welche die Unwissenheit der einfachen Bürger ausnützen. Vom Ideal einer kirchlichen Volksherrschaft, die durchaus im Sinne des katholischen Naturrechts wäre, ist nicht mehr viel übrig.

In wohl keiner Diözese der Welt ist die Beteiligung an der Kirche so gering wie im Bistum Basel. Es ist bemerkenswert, wie wenig über die Entleerung der reformierten und katholischen Gotteshäuser in der Deutschschweiz geschrieben wird. Man muss sich davor hüten, einfache Erklärungsansätze zu bemühen, um dieses Desinteresse zu erklären. Auch wenn die Kirche in ganz Europa eine Krise durchmacht, sind die hiesigen Verhältnisse doch viel prekärer als anderswo. Und es zeigt sich – dies als Wermutstropfen für alle Kirchenkritiker, die ohnehin an das baldige Ableben aller Metaphysik glauben –, dass der Niedergang nicht dadurch begünstigt wird, indem zu viel, sondern indem zu wenig authentische Glaubenslehre vermittelt und vor allem praktiziert wird.

Damit die Steuergelder fliessen

Auch wenn die Bistumsverantwortlichen und die Landeskirche nirgends so weit gingen wie in der am Wasserschloss gelegenen Kirchgemeinde Gebenstorf-Turgi, wo ein Priester mit Polizeieinsatz gehindert wurde, den Menschen die Sakramente in der Kirche zu spenden, so sind die geistigen Strömungen, die dadurch sichtbar wurden, überall im Bistum vorhanden. Laientheologen und Diakonen wird die kirchliche Leitung der Pfarreien übertragen, und sakramentale Dienste werden durch andere seelsorgerische Angebote ersetzt. Dies steht im Widerspruch zu den Vorgaben der Weltkirche.

Am sichtbarsten ist diese Entwicklung bei der heiligen Messe – in allen anderen Ländern der Mittelpunkt des katholischen Lebens –, die durch sogenannte Wortgottesdienste ersetzt wird. Der sich so liberal und weltoffen gebende Bischof Gmür schafft mehr und mehr eine Nationalkirche, die sich total von der Weltkirche entkoppelt und das Römische nur noch auf dem Papier trägt, damit die Steuergelder weiterhin reichlich fliessen. Ansonsten würde niemand für so eine Form der Kirche zahlen, die nur ihren Angestellten – ausser den lehramtstreuen Priestern –, den Funktionären der Landeskirche und dem Bischof dient.

Daher mein pfingstliches Votum an alle Katholiken: Nehmt eure Verantwortung als Laien im dualen System wahr und engagiert euch lokal für eine authentische Kirche. Oder tretet aus der Staatskirche aus, damit ihr zumindest diesen institutionalisierten Betrug nicht mitfinanziert.

Daniel Ric ist Kirchenpflegepräsident der Kirchgemeinde Gebenstorf-Turgi und arbeitet als Lehrer an einer Oberstufe.