Die Diskussion um kulturelle Aneignung kann ganz schön anstrengend sein. Und sie geht bis ins Groteske.

Für Nichtmexikaner ist das Aufsetzen eines Sombreros ebenso tabu wie das Tragen von Lederhosen für alle Menschen, die ausserhalb des Freistaats Bayern geboren sind. Rastazöpfe bei hellhäutigen Menschen gehen gar nicht – zumindest gemäss modernem Moralismus nicht. Und Winnetou (mit seinem Indianerstamm) liegt auf den ewigen Jagdgründen für politisch nicht mehr korrekte Filmhelden.

Früher freilich war die Welt noch eine andere; und man ging sorglos und unbedarft mit dieser Thematik um: Schwarze Menschen hiessen «Neger», das fahrende Volke wurde «Zigeuner» gerufen – im Militär ass man «gstampften Jud». Ins Freibad fuhr man mit dem «Tschingge-Rucksack».

Dass diese Begriffe heute mehrheitlich aus dem Wortschatz verschwunden sind, darf als Erfolg der zivilisatorischen Entwicklung gewertet werden. Dafür brauchte es keine Cancel-Kultur – sondern vor allem gesunden Menschenverstand.

Die Diskussion ist aber noch lange nicht vom Tisch: In Zürich entlädt sie sich derzeit an den Häusernamen wie «Zum Mohrentanz» oder «Mohrenkopf». Und sie kommt auch am Sechseläuten immer wieder auf, wenn sich beispielsweise die Mitglieder der «Zunft zum Kämbel» – in Anlehnung an Handelsreisende aus dem Orient – die Gesichter dunkel schminken und mit Kamelen durch die City promenieren.

«Bonze-Fasnacht» wird der Anlass vom städtischen Proletariat gerne genannt. Nimmt man dies zum Massstab, gelten für die Kämbel-Zünfter mildernde Umstände. Schliesslich muss es selbst für gutsituierte Herren möglich sein, einmal im Jahr ihre Fassade zu bemalen und die Sau rauszulassen.

2023 geistert nun aber ein Ereignis durch die Medien, das sich am Vorabend des Festes hinter verschlossenen Türen anlässlich des «Balls beim Böögg» ereignet hat – und durch ein heimlich gefilmtes Handy-Video den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat.

Im Rahmen einer «humorvollen» Darbietung tanzte eine dunkel angemalte Person mit Kraushaarperücke und Knochen in der Hand über die Bühne.

Man könnte die Einlage unter dem Motto «Es war ja nur lustig gemeint» abtun. Doch das wäre ein falsches Zeichen. Auch wenn es lustig gemeint war.

Mit solchen Auftritten bedient man auch Personen, die es nicht lustig meinen – sondern sich in ihrem Gedankengut bestärkt fühlen.

Und davon abgesehen: Wer heute noch auf die Idee kommt, solche Shows aufzuführen, blendet die Zeichen der Zeit auf dümmliche Art aus. Und selbst mit dem Hinweis auf Humor kann er sich nicht rausreden. Wer das Filmchen gesehen hat, kommt nur zu einem Schluss: Sogar das Ausfüllen der Steuererklärung ist lustiger als dieser Laien-Tanz am Bööggen-Ball.