Der Weg der englischen Fussballer an grossen Titelkämpfen ist seit einem halben Jahrhundert gesäumt von Tränen und Tragödien.

Spätestens im Penalty-Schiessen ist jeweils Schluss – zuletzt im Final der Euro vor Jahresfrist gegen Italien. Und das vor heimischer Kulisse im Londoner Wembley.

Was die Männer nicht hinkriegen, haben nun die Frauen geschafft – an gleicher historischer Stätte.

Mit dem sechsten Sieg im sechsten Spiel stürmten sie zum EM-Titel. Der Final im ausverkauften Wembley (87.192 Zuschauer) gegen Deutschland war weit weg von dem, was dem Frauenfussball bezüglich Fairness und Zurückhaltung attestiert wird.

Es war ein Kampf auf Biegen und Brechen: Mit Karten und Nervenflattern, ohne Rücksicht auf Verluste und von einer Intensität, die dem Publikum den Atem stocken liess – mit einem 2:1-Erfolg des Heimteams nach Verlängerung.

Die Lionesses – wie die englische Frauen-Equipe in der Heimat liebevoll genannt wird – legen in der 62. Minute vor: Durch einen wunderbaren Heber von Ella Toone. Doch das war es noch lange nicht.

Denn nun gibt die von der früheren Schweizer Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg gecoachte deutsche Equipe richtig Gas: Lina Magull gleicht elf Minuten vor Schluss aus und erzwingt die Verlängerung.

England aber lässt sich nicht unterkriegen – und macht alles dafür, das Penalty-Schiessen zu verhindern. Und in der 110. Minute bringen die Löwinnen Deutschland nachhaltig aus dem Gleichgewicht. Die eingewechselte Chloe Kelly drückt den Ball im Nachsetzen über die Linie.

Wembley tobt, Wembley steht kopf. Und das Team der Niederländerin Sarina Wiegman bringt die Führung über die Distanz.

Nach 56 Jahre sind die bösen Geister aus dem Wembley vertrieben – dank den Geisterjägerinnen des englischen Frauen-Fussballs.