Auf der personell ansonsten bescheiden ausgestatteten Nationalratsliste der GLP im Kanton St. Gallen im Jahr 2019 stand ein bekannter Name: Pietro Vernazza, Mediziner, Infektiologe und international ausgewiesener HIV-Forscher.

Überraschend und nur sehr knapp lief ihm damals der Klimatologe Thomas Brunner den Rang ab. Dieser gewann einen Sitz für die Grünliberalen. Brunner tritt im Herbst nicht mehr an. Das ist nur konsequent: Er blieb im Amt so unbekannt wie wirkungslos.

Vernazza hätte gern noch einmal einen Anlauf Richtung Nationalrat genommen. Die St. Galler Kantonalpartei versagt ihm das nun aber. Begründung: Es habe mehr Bewerbungen als Listenplätze gegeben. Die Nominationsversammlung entschied sich damit ausgerechnet gegen den Mann, der vor vier Jahren für viele Stimmen gesorgt hat.

Gegenüber dem St. Galler Tagblatt sagt Pietro Vernazza, seine Covid-Äusserungen hätten einer Mehrheit im Parteivorstand nicht gepasst. Dabei war er die Stimme des Ausgleichs: Er stellte intelligente Fragen zur Corona-Politik, ohne sich einseitig gegen diese zu positionieren.

Als Mitherausgeber des Buchs «Der Corona-Elefant» lieferte er zudem eine sachliche Aufarbeitung der letzten Jahre. Kritisch, aber ohne jede Polemik. Und seine medizinische Expertise ist ihm nicht abzusprechen.

Ob die Grünliberalen ihren Nationalratssitz ohne dieses Zugpferd retten können, ist fraglich. Zumal ihre bisherige St. Galler Besetzung im Rückblick ein Totalausfall war.

Vernazza selbst schliesst nicht aus, sich jetzt einer anderen Partei anzuschliessen. Wer auch immer das sein könnte, würde ihn wohl mit Handkuss nehmen – als Stimmenfänger über Parteigrenzen hinaus.