Und plötzlich war da eine Mannschaft ohne Limit nach oben in diesem grossen Match gegen die Serben. Eine Mannschaft ganz auf der Höhe der Turnierfavoriten Brasilien, Frankreich, England. Eine Schweiz zum Träumen. Den Traum vom Weg in den WM-Final.

Die ganze Wahrheit des Fussballs wurde ersichtlich: Ein Team ist viel mehr als die Summe der Qualitäten seiner einzelnen Spieler. Ein Team ist der Ausdruck seiner Spielkunst, gepaart mit der Leidenschaft  zum Siegen und der Lust, den Mitspieler stark zu machen.

Was war passiert? Natürlich, wie vorausgesagt, Spieler wie Xhaka, Rodriguez, Shakiri, Freuler, Embolo, Akanji und Vargas können, von einem Zauberer wie Murat Yakin eingestellt, Weltklasse erreichen, wenn ihr inneres Feuer gleichzeitig brennt. Die körperlich robusten Serben sahen zudem ihr Heil  in diesem Spiel vom Anpfiff an in einer wütenden Offensive, die dem cleveren Yakin-System Räume eröffnete, welche unsere einzelnen Ballkünstler instinktiv sofort nutzten.

Die Frage lautete lange: Was zündete diese Leidenschaft in diesem Team, das seine Qualitäten schon längst früher unter Beweis gestellt hatte? Einem Team aber auch, das stets Mühe hatte, grosszügig mit seinen Reserven umzugehen, diese eigentlich kaum je auszuspielen?

War es einfach eine Entwicklung oder die Tatsache, dass viele seiner Spieler den Höhepunkt ihres Könnens noch vor sich haben, in diesem Match plötzlich einen Schritt vorankamen?

Oder war es das Phänomen Weltmeisterschaft? Phänomen darum, weil die Aura der Geschichte des Sports Weltmeisterschaften als Höhepunkte von fussballerischen Karrieren feiert, auch wenn Fussballer heute natürlich nur in ihren Klubs Millionäre werden, ihr Leben darum ganz auf die Leistung eingestellt ist, die sie dort abzuliefern haben?

Fussball-Weltmeisterschaften. Nationen hinter dem Team. Millionen von Zuschauern, deren Leidenschaft die Spieler auf dem Feld natürlich nicht unberührt lässt. Hymnen, Halleluja.

Wie auch immer. Die Schweiz von Murat Yakin zeigte ihren Hunger, ihre Lust, den Gegner mit allen Mitteln, die zur Vergnügung standen, unbedingt zu bezwingen. Und sie fand in diesem Hunger den eigenen Stil, den das ganze Team lange Zeit mit bemerkenswert perfekter Technik ausspielte, was in  wunderbare Tore mündete.

Wenn das, was die Schweiz gegen die Serben zeigte, ihre heutige Qualität ist, wer soll sie denn stoppen? Am Dienstag spielt sie um 20 Uhr den Achtelfinal gegen ein fussballerisch ebenbürtiges Portugal. Schlecht vorstellbar, dass diese neu gefundene helvetische Furia dort ihr Ende finden wird.

Mehr Leidenschaft hatte ich gefordert, mehr Leidenschaft lieferte das Team.

Und ich würde darauf wetten, dass damit der Weg dieser Mannschaft weit über den Dienstag hinausgeht.

Würde. Wenn.

Ja, wenn nicht diese Szenen vor dem Ende des Matchs gekommen wären, in denen der mörderische serbisch-albanische Hass an sie Oberfläche kam, sich der allseits angeordneten Kontrolle entledigte. Und für Minuten die Regie übernahm.

Ja, am Dienstag wird sich zeigen, was diesen grossen Match von einer grossen Mannschaft ausgemacht hat. Die neue und plötzlich ausgespielte Leidenschaft des Teams Schweiz. Oder die Serben, die einmal mehr das Herz des Teams Schweiz so in Wallung gebracht haben.

Wenn es nicht die Serben waren, sehen wir uns im Viertelfinale wieder. Und unser Weg ist noch längst nicht am Ende. Armes Portugal.