Cool bleiben, die Ruhe bewahren, die gegnerischen Provokationen über sich ergehen lassen. Die Schweizer Vorsätze vor dem finalen Vorrundenspiel gegen Serbien waren unüberhörbar – seit Wochen und Monaten. Und sie wurden eingehalten – mit einer Ausnahme.

Der Kapitän Granit Xhaka konnte es auch diesmal nicht sein lassen: Zuerst sorgte er mit einer obszönen Geste und ein paar deftigen Beschimpfungen in Richtung serbischer Bank für Tumulte. Dann streifte er sich im Moment des grossen Triumphs nach dem Schlusspfiff ein Trikot des Schweizer Ersatzspielers Ardon Jashari über – um (angeblich) seinen jungen Teamkollegen, der in Katar zum ersten Mal im WM-Aufgebot steht, zu ehren.

Pikanter «Zufall»: Bei «A. Jashari» handelt es sich auch um den Befehlshaber der kosovarischen Befreiungsarmee UCK Adem Jashari, der einst gegen Serbien in den Krieg gezogen war.

Niemand will Xhaka etwas vorwerfen. Aber seine Erklärung tönt (gelinde gesagt) etwas fantasievoll. Weshalb sollte man im Augenblick des wichtigsten Sieges der Saison das Trikot eines Ersatzspielers anziehen, der an der WM noch keine Sekunde gespielt hat? Ging es Xhaka vielleicht nicht doch darum, die Serben zu verhöhnen?

Es gilt die Unschuldsvermutung. Deshalb sieht die Fifa (wohl) von einer Sperre des Schweizers ab. Trotzdem bleiben Fragen im Raum: Weshalb stellt sich Granit Xhaka über die Mannschaft? Warum kann er sich nicht zurücknehmen? Schliesslich stellt er mit seinem Verhalten auch Trainer Murat Yakin bloss. Dass die Sonntagszeitung an seiner Heiligsprechung arbeitet, «Lang lebe Granit Xhaka», liefert keine Antworten.

So sehr die Bedeutung Xhakas für die Schweizer Auswahl immer wieder hervorgehoben wird. Wenn er fehlt, tangiert dies das Schweizer Spiel kaum. Für die WM qualifizierte sich die Mannschaft, als Granit Xhaka verletzt war. Und auch an der Euro 2021 lieferte sie im Viertelfinal gegen Spanien ein denkwürdiges Spiel, als Xhaka gesperrt zuschaute.

So oder so. Es wäre im Sinn der Sache, wenn die Schweizer Nationalmannschaft im Achtelfinal gegen Portugal ihrer Kernkompetenz (dem Fussballspielen) ohne Nebengeräusche nachgehen kann. Das ist aber wohl nur möglich, wenn sich Granit Xhaka wie ein echter Kapitän verhält.