Was ist mit dem orangen Riesen los?

Der Detailhandelskonzern Migros ist im vergangenen Jahr umsatzmässig weiter gewachsen, hat aber deutlich an Ertragskraft verloren.

Zuerst die Erfolgsmeldung: Erstmals sei die Gruppe auf über 30 Milliarden Franken Umsatz gekommen, schreibt Migros. Ja, Wachstum ist im Detailhandel praktisch programmiert, denn die Zuwanderung bringt jährlich etwa 1 Prozent plus, und jetzt kommt die Inflation mit ein paar Prozent dazu.

Aber der Gewinn sackte um 31 Prozent ab. Was ist passiert?

Eigentlich ist zu wenig passiert. Zum einen tat auf der Kostenseite ebenfalls die Inflation ihre Wirkung in Form von gestiegenen Beschaffungspreisen. Wie bei allen Händlern.

Zum andern ist es eine Art Unkonzentriertheit, die seit längerem die Migros-Geschäfte beeinflusst.

Wie denn?

Das Migros-Gebilde besteht aus zehn unabhängigen regionalen Genossenschaften, die mit ihren Läden weitgehend eigenständig wirtschaften. Sie haben an Kraft verloren, aber die zentrale Führung kann ihnen nicht gross dreinreden. Auch wenn sie sich aufregt.

Es ginge anders: Im Vergleich dazu hat der Konkurrent Coop seit langem eine stärker zentralisierte Organisation und Führungsstruktur.

Und was auch müde macht: Als Genossenschaft steht die Migros nicht unter der Kontrolle von Rendite-orientierten Eigentümern, nein, sie muss ihre Gewinne statutengemäss für Genossenschaftszwecke einsetzen, also fürs Geschäft, für Kunden oder soziale Ziele.

So hat die Migros lange Zeit viel Geld in die Verkaufsflächenausweitung investiert, auch um den Konkurrenten Aldi und Lidl möglichst wenig Raum zu lassen. Man hat, wie bei Coop auch, überinvestiert in Verkaufsflächen, was sich heute in flauen Renditen der Läden zeigt.

Und es kommt die anhaltende Finanzablenkung hinzu: Die Migros-Bank bringt dem Konzern viel Geld ein, jüngst fast die Hälfte des Betriebsgewinns – dieser Finanzglanz ist willkommen, lenkt aber leicht davon ab, dass es in den Läden nicht so toll läuft.