Mit grossem Tamtam hat die SVP-nahe Organisation Pro Schweiz Anfang November die sogenannte Neutralitäts-Initiative lanciert. Das Begehren will in der Verfassung festzurren, dass die Schweiz keinen Verteidigungsbündnissen beitreten und Sanktionen nur übernehmen darf, wenn sie von der Uno verhängt worden sind. Die Übernahme von wirtschaftlichen Zwangsmassnahmen der EU und der USA gegen Russland wie im Falle des Kriegs in der Ukraine wäre nicht mehr möglich.

Das Anliegen folgt den Grundüberzeugungen der SVP und ist für die Partei ein wichtiges Instrument im Wahljahr 2023. Nun stellt sich eines ihrer Aushängeschilder gegen die Initiative. Der Aargauer Regierungsrat Jean-Pierre Gallati ruft seine Parteikollegen auf, das Projekt im Keim zu ersticken: «Es zeigt sich, dass man heute nicht mehr neutral sein kann», erklärte der Aargauer Landammann an der Dreikönigsfeier seiner Ortspartei, wie der Wohler Anzeiger berichtet. Wer die Sanktionen ablehne, unterstütze Russland.

Gallati geht damit auf Konfrontationskurs zu seiner Partei. Schon während der Covid-19-Pandemie hielt der Gesundheitsminister die SVP auf Distanz. Eine Rolle dürfte dabei spielen, dass es noch einige Zeit dauert, bis der Regierungsrat, der früher am rechten Rand der SVP politisierte, wieder kandidieren muss. Erst im Herbst 2024 stehen im Aargau wieder Wahlen an. Was bis dann aber feststeht: Ob es die Anhänger der klassischen Schweizer Neutralität gegen den Willen von Gallati schaffen, die Initiative auf die Beine zu stellen.