Wie so oft im Flüchtlingswesen schätzten viele Experten die Situation falsch ein.

Die Schweiz gehöre bisher nicht zum bevorzugten Ziel ukrainischer Flüchtlinge, hiess es zu Beginn des Krieges. Anders als in Deutschland, Italien und Spanien gebe es hierzulande keine grosse ukrainische Diaspora, so die Aussagen.

Zehn Monate nach dem Ausbruch des Konflikts zeigt sich ein anderes Bild: Gemessen an der Bevölkerung hat die Schweiz – knapp hinter Deutschland und Österreich – von allen Ländern in Westeuropa am meisten Ukrainerinnen und Ukrainer aufgenommen. Zweieinhalbmal so viele wie Spanien, dreimal so viele wie Italien. Und sogar fast fünfmal mehr als Frankreich.

Angesichts dieser Betroffenheit und der astronomischen Kosten – allein der Bund budgetiert für 2023 einen Aufwand von 2,1 Milliarden Franken für diese Menschen – wäre es an der Zeit, die Ukraine-Politik neu auszurichten.

Als eine der ganz direkt Betroffenen der Krise hat die Schweiz ein vitales Interesse daran, dass Friedensgespräche in Gang kommen. Die gesamte Aussenpolitik müsste sich auf das Ziel ausrichten: Welchen Beitrag kann die Eidgenossenschaft leisten, damit der Wahnsinn endlich endet?

Und zweitens braucht es innenpolitisch eine Debatte über Ukrainer, die dieses Jahr in das Land gekommen sind.

Wie realistisch ist es überhaupt, dass sie wieder zurückkehren? Welche Chancen bieten sich der Schweizer Gesellschaft, wenn sie hierbleiben? Und umgekehrt: Welche Kosten werden verursacht? Und wie werden sie geschultert?

Es muss Schluss sein mit Tabus, es ist Zeit für eine offene Diskussion.