Seit 1990 dominiert die Linke die Stadt Zürich nach Belieben.

SP, Grüne, Alternative Liste verfügen seit 33 Jahren über komfortable Mehrheiten in der grössten Schweizer Stadt. Dieses Lager kann schalten und walten, wie es will. Entsprechend ist diese Seite auch dafür verantwortlich, was in der Limmatstadt gut läuft, was weniger und was gar nicht.

Die SP selbst scheint das anders zu beurteilen. Die beiden Chefgenossen – Stadtpräsidentin Corine Mauch und Stadtrat Raphael Golta – haben sich in diesen Tagen in einem Schreiben an die Zürcher Bevölkerung gewandt.

«Die Mehrheiten im Kanton behindern uns dabei, dass wir steigende Mieten effektiv eindämmen können», heisst es im Aufruf. Auf vielen Strassen sei es auch aufgrund kantonaler Bestimmungen sehr schwierig, sichere Velorouten zu realisieren. «Und der Kompromissvorschlag für eine Elternzeit wurde im Kantonsrat abgelehnt», jammert das sozialdemokratische Führungsduo.

Anders formuliert: Würde der böse Kanton Zürich nicht dazwischenfunken, existierte in der Zwingli-Stadt längst ein sozialistisches Paradies. Mauch und Golta fordern die «Stadtzürcher:innen» deshalb auf, ihre Parteifreunde im Kantonsrat zu stärken und die vier rot-grün-alternativen Regierungsratskandidaten in gut einer Woche in die Exekutive zu wählen.

Die Last-minute-Aktion dürfte noch andere Gründe haben. Die Sozialdemokraten erlebten bei den Gemeinderatswahlen vor Jahresfrist ein Debakel. Viele Linke haben Angst, dass sich die Schlappe am 12. Februar wiederholen könnte.

Um eine Niederlage abzuwenden, sind der SP offenbar alle Mittel recht. Auch jenes, anderen die Verantwortung in die Schuhe zu schieben, selbst wenn man selber die ganze Macht besitzt.