Die Schweizer Leichtathletik befindet sich auf der Überholspur.

Von den Europameisterschaften in München hat die helvetische Delegation sechsmal Edelmetall nach Hause gebracht. Allein die Familie Kambundji beglückte uns mit einem gesamten Medaillensatz.

Freude herrscht – frei nach Adolf Ogi.

Doch am Mittwoch im abendlichen Stossverkehr in der Zürcher Innenstadt dürfte die Euphorie bei der schweigenden Mehrheit zumindest vorübergehend in Frustration und Ungeduld münden: Rund ums Seebecken ist der Verkehrskollaps programmiert.

Anstatt Autos, Trams und Busse kreisen Läuferinnen und Läufer übers Bellevue und um das Opernhaus.

Das Leichtathletik-Meeting Weltklasse Zürich hat seinen Bestimmungsort Letzigrund verlassen und in die Innenstadt expandiert.

Während am Donnerstag die Hauptveranstaltung im Stadion an der Grenze zwischen den Quartieren Altstetten und Albisrieden stattfindet, geht heute der Prolog in der City in Szene.

Werbetechnisch macht dies Sinn: So erreicht der Event ein urbanes und jüngeres Publikum. Die TV-Bilder vom tiefblauen See und der malerischen Altstadt werden um die (Sport-)Welt gehen.

Politisch steht die Veranstaltung aber für das unsägliche Hin und Her der Stadt Zürich, wenn es um Spitzensport geht: Die Fussballklubs warten seit Jahren auf ein neues Stadion, der FCZ muss (just am Donnerstag) mit seinem attraktivsten Spiel der Saison (gegen den englischen Topverein FC Arsenal) nach St. Gallen ausweichen, der Eishockeyklub ZSC Lions kann in diesem Herbst nur deshalb in eine neue Arena einziehen, weil sich solvente Privatinvestoren (Walter Frey, Peter Spuhler, Swiss Life) dafür starkgemacht haben.

Vor diesem Hintergrund wirft die Bevorzugung der Kugelstösser, Stabspringerinnen und Distanzläufer Fragen auf – Fragen, die bei manchem Autofahrer heute Abend akuten sportlichen Überdruss auslösen dürften.