Nein, so will er nicht genannt werden. Aber sie tun es einfach. Als «weissen Gott» mag er sich nicht sehen. Die Leute rufen es ihm dennoch zu, wenn er durch die Township geht. «Ich will mich mit dem, was ich hier tue, nicht profilieren», sagt Jörg Caluori. Er könne einfach nicht wegschauen, wenn er Ungerechtigkeiten sehe. Der St. Galler hat früher mehrere Traditionsunternehmen in seiner Heimat geführt, darunter Musik Hug und die grösste Buchhandlung der Ostschweiz, Rösslitor. Dann kam die Pensionierung – und in seinem Fall das Klischee des «Unruhestands».

Bereits in den 1980ern hatten sich Caluori und seine Frau nach einem ersten Aufenthalt im südlichen Afrika in Land und Leute verliebt. Als das Ende des Arbeitslebens nahte, fragten sie sich, was als Nächstes kommen sollte. Sie bereisten das Land, informierten sich über Liegenschaften und wurden schliesslich fündig.

Umfassender Lockdown

Zunächst war Südafrika Jörg Caluoris zweite Heimat, nun ist es seine erste. Ausgestattet mit einem permanenten Visum, verbringt er den Grossteil des Jahres dort. «Ich wusste aber von Anfang an, dass ich nicht dort leben würde, um allein zu fischen oder auf Safari zu gehen», erinnert er sich. Er begann, Individualreisen zu organisieren, um Touristen, Freunden und Bekannten auch unbekanntere Orte zu zeigen. Das funktionierte und wäre vielleicht lange weiter gelaufen – wäre nicht Corona gekommen.

«Ich wusste von Anfang an, dass ich nicht dort leben würde, um auf Safari zu gehen.»

«Das war eine harte Zeit für die Südafrikaner», sagt Caluori. Der Lockdown war umfassend. Ihn selbst traf das kaum, aber die Menschen vor Ort verloren ihre Gelegenheitsjobs und damit die Lebensgrundlage. Wenige Kilometer von seinem Zuhause entfernt, in der Township Lwandle, hungerten die Menschen. Es fehlte an allem. Er habe Familienväter und -mütter verzweifelt weinen sehen und sich in gewisser Weise verantwortlich gefühlt.

Zurück in der Schweiz, begann Jörg Caluori seine Spendentour. Er sprach Freunde, Bekannte und kleine Firmen an und bat sie um Zuwendungen. Diese schickte er einer Vertrauensperson in Südafrika, die damit Essen kaufte und es in der Township verteilte. Tausende von Leuten seien so ernährt worden, sagt Caluori. Denn die staatliche Hilfe griff nur zum Teil und überhaupt nicht für die vielen staatenlosen Zuwanderer, die in Südafrika wohnen.

Daraus wuchs Township Help, Caluoris Verein. Schnell erkannte er, dass Überlebenshilfe zwar dringend war, aber nicht nachhaltig. Er wollte Hilfe zur Selbsthilfe bieten. Wie das aussieht, kann er in unzähligen Anekdoten schildern. Da war etwa die Frau, die zu besonderen Anlässen wie Geburtstagen oder Hochzeiten Torten machte. Als ihr Backofen ausfiel, finanzierte ihr Jörg Caluori einen neuen und zusätzliches Equipment. Die Frau steht dank dieser Unterstützung auf eigenen Beinen und kann ihre Familie finanzieren.

Vieles von dem, was der Verein tut, erinnert an die klassische Arbeit von Hilfsorganisationen. Beispielsweise der Neubau eines Waisenhauses, in dem es bisher an sanitären Anlagen fehlte und die Kinder auf engstem Raum auf Matratzen schliefen. Caluori gewann nach und nach prominente Botschafter für seine Arbeit, beispielsweise Dominique Rinderknecht und Tanja Gutmann, beide einst «Miss Schweiz», aber auch den bekannten ehemaligen Radrennfahrer Franco Marvulli. Mit ihrer Hilfe erhält er die Aufmerksamkeit neuer Spender, die solche Projekte mitfinanzieren.

Ideen aus der Schweiz

Aber längst geht es für ihn um mehr als um Geld- und Sachspenden. Der St. Galler hat sich ein politisches Netzwerk in der Region um Kapstadt aufgebaut und nützt dieses. Er sah vor Ort, welche Folgen der Drogenmissbrauch auslöst. Zwar hat Bürgermeister Geordin Hill-Lewis eine Initiative zum Aufbau von Suppenküchen lanciert, «aber das reicht nicht, man muss das Problem an der Wurzel packen». Caluori schilderte dem Politiker das Schweizer Modell zur Bekämpfung des Drogenelends, und nun ist eine gemeinsame Reise hierher geplant. Er ist überzeugt: «Er muss sich das anschauen, das wird ihn auf Ideen bringen.»

Über professionelle Spendenorganisationen will der Wahlsüdafrikaner nicht schlecht reden, es gebe dort sicher auch viele gute Ansätze. Mühe bekundet er, wenn der CEO eines Hilfswerks eine hohe sechsstellige Summe als Jahreslohn verdient und seine Repräsentanten in der First Class in die unterstützten Länder fliegen. «Wenn einer das zehnmal tut, baue ich hier für dasselbe Geld ein ganzes Waisenhaus», so Jörg Caluori. Für ihn sei immer klar gewesen: Wenn er einen Franken erhalte, gehe dieser Franken auch direkt zu den Menschen – ohne Abstriche. «Ich mache mir kein schönes Leben mit dem Geld von Spendern, im Gegenteil: Ich lege noch etwas drauf.»

www.townshiphelp.ch