Ich erinnere mich an einen Vortrag von Benjamin von Stuckrad-Barre. Neunzig Minuten lang schaute er niemanden an. Das Vor-sich-Hinstarren als Attitüde? Könnte er, der popkulturelle Bessermensch, überhaupt einem Julian Reichelt oder einem Mathias Döpfner in die Augen sehen?

Direkte Konfrontation ist etwas für die Mutigen, also schreibt der links-grüne «Literaturheld» lieber einsam auf, was ihm so an hässlichen Sachen einfällt zu den bösen (Ex-)Bild-Buben und tarnt es als Fiktion: 384 Seiten Hetze, literarisch völlig untauglich, veröffentlicht unter dem Titel «Noch wach?». Die Deutschland-Tour läuft bereits.

Ein vermeintlicher Roman über Medien-Männer und strukturellen Machtmissbrauch, bei dem die Ähnlichkeit mit lebenden Personen aus dem Springer-Kosmos besonders beabsichtigt ist. Klaas Heufer-Umlauf, Lena Meyer-Landrut, Katja Riemann und zig andere prominente Stuckrad-Barre-Fans scheinen kein Problem mit dessen publizierten Niederträchtigkeiten zu haben – auf Instagram rissen sie sich darum, den Hype zu befördern.

Es gilt das woke Prinzip: Bloss keine Gelegenheit auslassen, sich moralisch überlegen zu fühlen. Der Schmutz der anderen kommt immer gerade recht.

Stuckrad-Barre ringt Zeile um Zeile darum: Seht her, ich kritisiere strukturellen Machtmissbrauch, ich gehöre zu den Guten. Eigentlich traurig, dieses permanente Sehnen nach Applaus von der «richtigen Seite». Noch trauriger, dass er, gäbe es Springer nicht, eigentlich nichts zu schreiben hätte.

Jahrelang gehörte er zu Döpfners ziemlich besten Freunden. Dass sich Stuckrad-Barre nun als Fürsprecher von angeblich missbrauchten Frauen – bisher nicht belastbar genug – inszeniert, um Rache aus enttäuschter «Männerliebe» zu nehmen, ist unterste Schublade.

Anders gesagt: Stuckrad-Barre ist auf dem menschenverachtenden Niveau eines Jan Böhmermann angekommen. Man macht gemeinsam Propaganda für die angeblich «gute Sache».