2016 war ich zu einem Einführungsvortrag der Universität Marburg eingeladen. Rahmenthema: Evolution. Nachdem die «Frauenbeauftragte» gemeinsam mit der Studentenverbindung Asta Proteste angekündigt hatte, zog ich meine Bereitschaft zurück.

Kurz darauf folgte eine Ausladung. Begründung: Meine bisherigen Aussagen zur «Gender-Lehre» seien inakzeptabel.

Ähnliches wiederfuhr mir bei Gastvorträgen in Bremen und Braunschweig: Eine cancel culture, sobald es zum Thema Evolution/Sexualbiologie kommt, als hätte Charles Darwin (1809–1882) nie gelebt.

Sechs Jahre später wiederholte sich dieses Schauspiel, diesmal an der ehrwürdigen und im Geburtsjahr von Darwin (1809) gegründeten Humboldt-Universität zu Berlin.

Inzwischen haben die Anhänger der Ideologie der angeblich sozial konstruierten «Geschlechtsidentität» des Menschen derart an Einfluss gewonnen, dass ein harmloser Fachvortrag der Biologin Marie-Luise Vollbrecht zur Zweigeschlechtlichkeit – vorgesehen für den 2. Juli 2022 – storniert werden musste.

An diesem Samstag fand eine «Lange Nacht der Wissenschaften» statt, mit zahlreichen Vorträgen unter dem Generalmotto «Wissenschaft als Antwort auf Fake News, Verschwörungstheorien und fatale Irrtümer».

Nachdem ein «Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der Humboldt-Uni Berlin (AKL)» mit den Worten «An unserer Uni gibt es keinen Platz für Queerfeindlichkeit – Wir sehen uns auf der Strasse!» mit Protestaktionen vor dem HU-Hauptgebäude gedroht hatte und behauptete, die Biologin würde «Trans*feindlichkeit» verbreiten, wurde der Vortrag «aus Sicherheitsgründen» abgesagt.

Zufälligerweise publizierte Die Weltwoche zwei Tage zuvor, am Donnerstag, dem 30. Juni 2022, meinen Artikel «Was ist eine Frau?», in welchem die wesentlichen Fakten zur evolutionär herausgebildeten Zweigeschlechtlichkeit des Menschen dargelegt sind.

Das führt mich zur Kernthese: Die Veröffentlichung der sechsten und definitiven Auflage von Darwins «Origin of Species» (1872) jährt sich 2022 zum 150. Mal. Darwins Theoriensystem zur Erklärung des Artenwandels basiert ganz entscheidend auf der Tatsache der Zweigeschlechtigkeit, definiert über die beiden Gameten-, das heisst Sexualzellen-Typen: Eizellen weiblich/Spermien männlich.

Nur diese sexuelle Reproduktion über Gameten-Kopulation erlaubt es, dass variable Populationen über Generationen hinweg entstehen und damit auch eine Evolution stattfinden kann.

In den USA gelten in reaktionär-konservativen Kreisen die Begriffe «Sex and Evolution» als «darwinische Schmuddelwörter», welche auf den Scheiterhaufen gehören. Genau diese Verachtung der Evolutionsbiologie, mit der Zweigeschlechtlichkeit als Grundlage, lebt in den verqueerten Hirnen der Gender-Ideologen weiter, nach dem quasi-religiösen, links-grünen «Vielgeschlechter-Motto»: «Bio ist gesund und gut, aber Sex plus Biologie ist ekelhaft – dieses darwinische Teufelszeug schmeckt uns nicht und muss bekämpft werden.»

Eine ergebnisoffene Bio-Wissenschaft unter Leugnung von Darwins grundlegenden Erkenntnissen gibt es nicht.

Daher ist die Unterstützung des Berliner HU-Gender-Kreationismus (das heisst Moneyismus!) durch die Uni-Leitung als «fataler Irrtum» und Rückfall in ein vor-darwinisches Glaubens-Zeitalter zu bewerten!

 

Ulrich Kutschera ist ein in Deutschland und den USA tätiger Evolutionsbiologe und Physiologe, siehe http://www.evolutionsbiologen.de.

Ulrich Kutschera: Strafsache Sexualbiologie. Darwinische Wahrheiten zu Ehe und Kindeswohl vor Gericht. Tredition, Hamburg