Eine Indiskretion zu einem Bundesratsgeschäft richtet sich in der Regel gegen eine Vorlage, gegen die in einem Mitbericht vertretene Position eines Kollegen oder einer Kollegin.

Indem diese vor der Bundesratssitzung einer Zeitung gesteckt wird und von dieser womöglich skandalisiert wird, versucht man das betreffende Mitglied der Regierung unter Druck zu setzen oder schlecht aussehen zu lassen.

Ein Beispiel: Als Bundesrätin Viola Amherd Korpskommandant Daniel Baumgartner in seiner Funktion eines Militärattachés nach Washington abschob, leakten gleich mehrere Departemente vertrauliche Details dieser Ernennung. Unter anderem, dass der hohe Offizier weiterhin das Salär eines Korpskommandanten bezieht, obwohl ein Militärattaché eigentlich viel weniger verdient.

Im Falle der «Corona-Leaks» hat der ehemalige Informationschef des Innendepartements, Peter Lauener, Geschäfte des eigenen Bundesrates, also von Alain Berset, an den Ringier-CEO weitergeleitet.

Das machen Stäbe von Bundesräten gerne, wenn sie die Öffentlichkeit vorbereiten oder Indiskretionen aus anderen Departementen vorbeugen wollen. Nur die Umstände waren während der Covid-19-Pandemie ungewöhnlich, die Häufung bundesrätlicher Entscheide zu einem einzigen umstrittenen Thema.

Nur in einem Falle ist überliefert, dass Lauener auf die Anfrage des Blicks zu Aussenminister Ignazio Cassis offenbar einen Rückruf versprach. Falls hier tatsächlich der Widerstand des Aussenministers gegen allfällige Vorschläge zu Corona-Massnahmen des Gesundheitsdepartement dem Blick offenbart wurden, könnte man von einer Indiskretion sprechen.

Der eigentliche Skandal ist hier mehr die Unverfrorenheit, mit der das Departement Berset ein privates Medienhaus für seine Propaganda einspannte.

Es geht hier aber auch um die Frage, was Zeitungen in einer Demokratie leisten sollen – nämlich Kontrolle der Institutionen und der Regierenden. Und nicht die Förderung von Ministern, die ihnen – wie im Falle von Berset – eben zu Diensten sind.