Eine unverdächtigere Quelle als Glenn Greenwald ist in diesem Fall schwer zu finden. Mit seinen Enthüllungen über befangene Untersuchungsrichter ebnete der in Brasilien lebende US-Journalist 2019 den Weg zur Freilassung des mehrfach wegen Korruption verurteilten Luiz Inácio Lula da Silva. Ohne Greenwald wäre Lula heute kaum Präsident von Brasilien.
Derselbe Greenwald machte am Samstag ein geheimes Urteil publik, mit dem der oberste Wahlrichter Alexandre de Moraes unter drakonischer Strafandrohung den sozialen Medien befielt, eine Reihe von Accounts bekannter Politiker und Journalisten in Brasilien zu sperren. Betroffen sind Facebook, Rumble, Telegram, Tiktok, Twitter und Youtube.
The last thread in Portuguese was about an exclusive report we presented on last night's @SystemUpdate_. It concerns the growing and - for a modern democracy - unprecedented censorship system now implemented in Brazil. We obtained a chilling secret orderhttps://t.co/FgGmAqqlaO
— Glenn Greenwald (@ggreenwald) January 14, 2023
Eine besondere Perfidie besteht darin, dass es keinerlei Begründung zur höchstrichterlichen Order gibt, die man anfechten könnte. Es ist sogar verboten, über die Zensurverfügung zu berichten.
Theoretisch sind Regierung und Justiz auch in Brasilien getrennt. In der Praxis ist de Moraes der treuste Komplize von Präsident Lula. Schon im Wahlkampf erliess der Bundesrichter zahlreiche Zensur-Verfügungen gegen Bolsonaro und dessen Anhänger. Lula darf seine politischen Gegner dagegen ungeniert als «Völkermörder», «Faschisten» oder «Terroristen» beschimpfen.
Nach dem Sturm auf das Regierungsviertel von Lula-Gegnern vom 8. Januar in Brasilia liess der selbstherrliche Richter de Moraes insgesamt 1800 Protestler verhaften. Je nach Quelle befinden sich 1000 bis 1400 von ihnen weiterhin im Gefängnis. Haftgrund: «Terrorismus».
Die Willkür ist auch hier offenkundig. An den in diversen Amtsgebäuden angerichteten Verwüstungen waren lediglich ein paar Dutzend Extremisten beteiligt. Die grosse Masse der Lula-Gegner zeichnete sich bislang durch einen konsequenten Verzicht auf jegliche Gewalt aus.
Viele Brasilianer bezweifeln, dass die Vandalen-Akte auf das Konto von Bolsonaro-Anhängern gehen. Warum sollten sie ein Parlament verwüsten, in dem die Rechte eine Mehrheit hat? Es ergibt keinen Sinn. Und vor allem: Massenverhaftungen kann man nicht innerhalb von Stunden anordnen; die Planung einer derartigen Aktion dauert mehrere Tage.
Lula provoziert seit seinem Amtsantritt am 1. Januar im Gleichklang mit Polit-Richter de Moraes die Eskalation nach Kräften. Der Sturm aufs Regierungsviertel bot ihnen die Gelegenheit, nun die grossen Kanonen gegen die Protestler aufzufahren.
In einem ersten Akt enthob Polit-Richter de Moraes den gewählten Gouverneur von Brasilia, einen Bolsonaro-Anhänger, seines Amtes. Als Nächstes liess er Bolsonaros ehemaligen Justizminister Anderson Torres verhaften. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der Haftbefehl gegen den zurzeit in Florida weilenden Jair Bolsonaro ergeht.
Im Wahlkampf hatte de Moraes verboten, die mannigfachen Verbindungen von Lula zu den sozialistischen Hunger-Diktaturen in Kuba und Venezuela zu erwähnen. Trotzdem war die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit Venezuela eine von Lulas ersten Amtshandlungen.
Lula und de Moraes inszenieren sich gerne als Retter von Rechtsstaat und Demokratie in Brasilien. In Wahrheit ist das Duo deren grösste Bedrohung seit dem Ende der Militärdiktatur.
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In Deutschland, Österreich und der Schweiz, sind es zwar meistens Grüne, Sozen, und andere Linke, welche sich gegen Freiheit und gegen Grundrechte und gegen demokratische Diskurse und gegen rechtsstaatliche Grundsätze wenden bzw. diese einschränken wollen. Aber in vielen anderen Teilen der Welt sind es die dortigen Rechten, welche rücksichtsloser und verantwortungsloser und willkürlicher und gesetzesloser handeln als die Linken. Insbesondere in Lateinamerika.
Der Teufel ist mit dem Beelzebub vertrieben worden. Aber immerhin wurde der Schutz von Amazonien versprochen und dies ist im Moment das wichtigste
so wie die linken es immer tun...bis halt der Laden vollkommen im Eimer ist...wer an die Vermögen anderer will, wird immer genau so handeln...
Vielleicht war der Sturm eine falsche Flagge. Richter wie de Morais hätten ihren Job in der Sojwetunion unter Stalin hervorragend ausgefüllt. An dem Umgang mit seinen politischen Gegner kann man die demokratische Gesinnung eines Politikers messen. Offensichtlich gibt es davon sehr wenige und Lula und sein Richter-Komplize gehören nicht dazu.