Wirtschaftliche Kriegsführung des Westens gegen Russland ist gescheitert.

Es war das erklärte Ziel des Westens, Russland wirtschaftlich derart in die Mangel zu nehmen, dass das Riesenreich klein beigibt und die Westflanke Russlands dem Wohlwollen des Westens ausgeliefert sein würde. Das hat nicht funktioniert. In einem meiner letzten Artikel wies ich darauf hin, dass die Verhängung westlicher Sanktionen zur Schwächung des Westens führen wird.

Russland ist der grösste Rohstoffproduzent. Es verfügt über riesige Reserven, teils jetzt blockiert, und hat keine Nettoschulden. Falls Europa tatsächlich vom russischen Gas wegkommt, was innert der nächsten paar Jahre rein rechnerisch unmöglich scheint, so wird das Resultat sein, dass Energie in Europa viel teurer sein wird als im Osten. Das kann sich Europa nicht leisten.

Interessant in diesem Zusammenhang ist etwa das kleine Detail, dass Herr Potanin, der Hauptaktionär von Norilsk Nickel, der reichste der russischen Oligarchen, nicht mit Sanktionen belegt wurde. Gibt es da internationale Interessen, welche das gemeine Volk nichts angehen in unserer transparenten Welt? Russland produziert 25 Prozent des Nickels in der Welt: Ohne Nickel geht es nicht. Machen die Gutmenschen Ausnahmen und sägen etwas am Ethikbaum, um Dünger für andere Bäume zu finden – Geldbäume?

Europa mit den USA in einem Boot?

Die Amerikaner koordinieren alle Sanktionen und militärischen Aktionen und geben vor, dass sie sich mit Europa in einem Boot befinden. Die USA lieben die Aussage: Der Westen unter der Führung der USA – Europa fühlt sich beschützt.

Dem ist nicht so. Für die Amerikaner – ganz im Gegensatz zu Europa – ist Krieg das grosse Geschäft – und war es auch immer, spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg. Vor ein paar Tagen hat der US-Senat einstimmig beschlossen, ein lend-lease agreement mit der Ukraine abzuschliessen.

Während des Zweiten Weltkriegs belieferten die USA die damalige Sowjetunion und Grossbritannien mit gigantischen Mengen von Kriegsmaterial unter sogenannten lend-lease agreements. Selbstverständlich nicht gratis. Erst im August 2006 – knapp sechzig Jahre nach Kriegsende – floss die letzte Zahlung der Russen für die Sowjetunion an die USA. Die Engländer bezahlten ihre letzte Rate am 29. Dezember 2006.

Der Zweite Weltkrieg war ein Bombengeschäft für die USA. Ausser Geld erhielten die Amerikaner von den Briten und der Sowjetunion riesige Goldmengen und Militärstützpunkte wie etwa Diego Garcia von den Briten. Ich bezweifle, dass die USA ein Interesse an einem kleinen Krieg haben. Das Aufwachen der lend-lease agreements weist eher darauf hin, dass die USA etwas Grösseres vorhaben, wobei ein kleiner Krieg wie in der Ukraine ihnen völlig ausreicht, falls Westeuropa in Kriegsangst ist und den USA möglichst viel Kriegsmaterial abkauft.

Interessant ist auch eine Meldung bezüglich amerikanischer Käufe von Öl seit Kriegsbeginn. Die Amerikaner führen die Sanktionen des Westens an mit dem erklärten Ziel, den bösen Russen nichts mehr abzukaufen. Da sollten Fragen aufkommen, wenn man Meldungen liest, dass die USA seit Kriegsbeginn den Import von russischem Öl und Ölprodukten um 45 Prozent erhöht haben. Ob die Meldung wahr ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die USA werden diese dementieren. Ich lasse sie im Raum stehen.

Für Westeuropa sieht es düsterer aus. Hier kam man zum Schluss, dass Russland eine Expansion nach Westen beabsichtigt, deren Wahrheitsgehalt in Zweifel gezogen werden darf. Westeuropa ist pleite, hat keine grosse Militärindustrie und muss somit die grossartig hinausposaunten Militärbudgets irgendwie finanzieren. Diese Finanzierung werden die USA noch so gerne übernehmen. Die Amerikaner – wie immer aus sicherer Distanz – koordinieren ihre Freunde in Westeuropa und verdienen sich eine goldene Nase.

Kriegsverlauf

Militärisch scheint der Westen ebenfalls alles genau zu wissen. Die russische Aktion war ein Fiasko, und die Ukraine kann diesen Krieg sehr wohl gewinnen.

Ich lese viel Kriegsgeschichte und habe gelernt, dass das, was während der Waffengänge berichtet wird, sehr wenig damit zu tun hat, was effektiv vor sich geht. Ich habe mich daher zum aktuellen Verlauf nie geäussert – ganz im Gegensatz zu allen Experten im Westen, die alle einen direkten Draht zu den jeweiligen Hauptquartieren zu haben scheinen, beeindruckend.

Während des Vietnamkrieges – wohl erstmals – wurde die amerikanische Öffentlichkeit täglich über die Erfolge informiert, und irgendeines Tages sah man dann die berühmt gewordenen Bilder über die Evakuation von Amerikanern in Saigon mittels Helikopter. Ein paar Jahrzehnte danach wiederholten sich die Bilder in Afghanistan.

Es ist somit müssig, darüber zu sinnieren, was wirklich abläuft.

Was aber interessant sein könnte, ist die Art und Weise, wie der Westen und Russland sich mentalitätsmässig unterscheiden. Die einen informieren und jubeln, um den Mob bei Laune zu halten – die andern desinformieren.

Russische Militärdoktrin – Maskirowka

Die Russen sehen keinen Vorteil darin, herauszuplappern, was sie wirklich erreichen wollen und wo sie genau sind. Die russische Militärdoktrin heisst Maskirowka, geliehen vom Wort Maske. Dabei geht es einfach gesagt darum, eine grosse Palette von Mitteln und Aktionen dazu einzusetzen, den Gegner über die eigenen Pläne, Fortschritte und Fähigkeiten im Unklaren zu lassen. Die Doktrin passt sehr gut zur russischen Mentalität. Ein Russe denkt sich immer: Was bringt es mir, falls ich diese Information preisgebe? So meine Erfahrung.

Der möglicherweise grösste Erfolg dieser Doktrin zeigte sich im Juni 1944, als die Sowjets es fertigbrachten, die Wehrmacht im Glauben zu lassen, dass die Sowjets nicht die Heeresgruppe Mitte in Weissrussland angreifen würden. 2,3 Millionen Soldaten wurden aufgestellt, und die Deutschen waren total überrascht und verloren in sechs Wochen ein Gebiet, das so gross ist wie Deutschland.

Die Russen wenden Maskirowka nicht nur im Taktischen, sondern auch strategisch an. Sie scheinen damit bereits Erfolg zu haben, da es zahllosen westlichen Militärexperten unverständlich ist, was die Russen um Kiew erreichen wollten. Naheliegend ist und nahegelegt wird, dass die Russen im Westen eine Riesenschlappe erlitten hätten – und sich nun zurückziehen würden. Ist dem so? Wir werden es irgendwann herausfinden.