«Freiheit und Demokratie wiegen als Werte höher als die Neutralität», hiess es jüngst im NZZ-Newsletter, und: Der Ukraine-Krieg sei «der Kampf eines nihilistischen Regimes gegen die Prinzipien der Aufklärung».

Woanders liest man die Endkampflosung: «Freiheit oder Faschismus». Die Empörungspumpe läuft auf Hochtouren. Wobei der Verzicht auf eine über 200-jährige Neutralität im Tausch gegen die Hoffnung auf Freiheit und Demokratie in fast zweitausend Kilometer Entfernung arg an Hans im Glück erinnert.
Gewiss, Realismus und moralisches Empfinden standen noch nie auf Duzfuss. Dennoch gab es Realisten, etwa Bismarck 1878: «Der Balkan ist mir nicht die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert.»
Preussen war auch im Krimkrieg 1853 neutral geblieben – und hat nicht wenig davon profitiert. Mit dem Massensterben im Ersten Weltkrieg fällt Krieg dann unter Kriterien wie Schuld und Gerechtigkeit.

Als Verlängerung der Politik à la Clausewitz und letztinstanzliche Autorität in irdischen Konflikten hat die militärische Auseinandersetzung (der Theorie nach) ausgedient.
Heute obliegt diese Aufgabe der nach 1945 entstandenen «Weltordnung». Doch deren Autorität bröckelt. De facto gilt sie nur noch in Europa – was auch die Empörung erklärt.
Haben die Entrüsteten sich in all den Jahren des Stellvertreterkriegs auf der arabischen Halbinsel um die Knochen eines einzigen Jemeniten geschert?

Jetzt, wo die «Weltordnung» immer weniger greift und immer mehr Spieler sich verweigern, bleibt nur noch, den Teufel mit Beelzebub auszutreiben. Frieden schaffen mit noch mehr Waffen. Am Ende wird dann der Krieg mit dem Weltkrieg bekämpft.